Nach Klage vor UN-Gericht Nicaragua schließt Botschaft in Deutschland
Angedeutet hatte es sich bereits, nun hat Nicaragua seine Botschaft in Berlin endgültig geschlossen. Hintergrund ist die Klage des Landes wegen deutscher Israel-Hilfen, die derzeit vor dem höchsten UN-Gericht verhandelt wird.
Nach der Klage Nicaraguas gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof hat der mittelamerikanische Staat seine Botschaft in Berlin endgültig geschlossen. Die Dienstgeschäfte sollen künftig von Nicaraguas diplomatischer Vertretung in Österreich übernommen werden, bestätigte eine Mitarbeiterin der nicaraguanischen Botschaft in Wien der Nachrichtenagentur dpa. Demnach werden auch die Konsularaufgaben künftig von Österreich aus erledigt. Auch das Auswärtige Amt bestätigt auf seiner Internetseite die Schließung der Botschaft.
Zuvor hatte die autoritäre Regierung von Präsident Daniel Ortega im Amtsblatt die Akkreditierung der nicaraguanischen Botschafterin mit Sitz in Wien, Sabra Murillo, als Botschafterin für Deutschland angekündigt. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes leben einige hundert nicaraguanische Staatsbürger in Deutschland und etwa 1.000 Deutsche in Nicaragua.
Hintergrund ist die Klage Nicaraguas, über die der Internationale Gerichtshof derzeit verhandelt. Das Land beschuldigt Deutschland, mit Rüstungslieferungen an Israel zu einem Völkermord im Gazastreifen beizutragen. Nicaragua fordert unter anderem den sofortigen Stopp der Lieferungen sowie die Wiederaufnahme der Finanzierung des UN-Palästinenserhilfswerkes UNRWA.
Bundesregierung: "Vorwürfe entbehren jeder Grundlage"
Die Bundesregierung wies die Vorwürfe vor dem Gericht in Den Haag zurück. "Diese Vorwürfe entbehren jeder rechtlichen und tatsächlichen Grundlage", sagte die Leiterin der deutschen Delegation, Tania von Uslar-Gleichen. Die Bundesrepublik verletze weder die Völkermord-Konvention noch humanitäres Völkerrecht.
"Deutschlands Handeln in diesem Konflikt wurzelt fest im internationalen Recht", sagte die Beauftragte für Völkerrecht. Es werde geprüft, ob sich Israel beim Einsatz aus Deutschland gelieferter Waffen an das Völkerrecht halte. "Deutschland tut sein Möglichstes, um seiner Verantwortung sowohl gegenüber dem israelischen als auch dem palästinensischen Volk gerecht zu werden."
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verwies in Berlin auf ein "unglaubliches Dilemma", dem sich Deutschland stellen müsse. "Israel hat das Recht, sich wie jedes Land auf der Welt selbst zu verteidigen, gegen diese Terrorangriffe, die weiterhin mit dem Ziel geführt werden, Israel als Staat zu vernichten", betonte die Grünen-Politikerin. Die Bundesregierung habe aber zugleich immer deutlich gemacht, dass Israel in der Pflicht sei, "zwischen Hamas-Terroristen und der Zivilbevölkerung" zu unterscheiden.
Israel weist Völkermord-Vorwürfe zurück
Israel hat die Völkermord-Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen. Es beruft sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung nach dem Massaker der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober. Damals hatten Terroristen etwa 1.200 Menschen getötet, Frauen vergewaltigt und mehr als 100 Geiseln verschleppt.
Durch die darauffolgenden Angriffe Israels auf den Gazastreifen kamen nach Angaben der von Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mehr als 30.000 Menschen ums Leben. In den vergangenen Wochen war der Druck auf die israelische Regierung gewachsen. Immer mehr Staaten erheben den Vorwurf, die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gehe ohne Rücksicht auf die Bevölkerung vor.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.