Nach Ungarns Medienkampagne CSU distanziert sich von Orban
Immer mehr gehen auf Distanz zu Ungarns Ministerpräsidenten: Neben der CDU-Führung hat sich auch EVP-Spitzenkandidat Weber positioniert - und deutet einen Kurswechsel in der Europäischen Volkspartei an.
Nach den Angriffen der ungarischen Regierung auf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben sich mehrere Unions-Politiker von Ministerpräsident Viktor Orban distanziert. "Bayern und die CSU hatten immer gute Verbindungen zu Ungarn. Aber die Äußerungen von Viktor Orban sind nicht akzeptabel", sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der von Orban eingeschlagene Weg gehe "leider in die falsche Richtung". Vor allem die CSU hatte Orban in den vergangenen Jahren hofiert, weil er zu den härtesten Kritikerin der Flüchtlingspolitik von Merkel gehört.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte Juncker. "Ich kann nur soviel dazu sagen, dass Jean-Claude Juncker meine volle Solidarität hat", sagte sie. Das werde sie auch in ihren Gesprächen mit der ungarischen Regierung deutlich machen.
Umstrittene Plakatkampagne
Hintergrund ist eine Plakatkampagne von Orbans rechtsnationaler Regierungspartei Fidesz. Darin wird Juncker und dem amerikanischen Milliardär George Soros die bewusste Förderung illegaler Einwanderung in die EU vorgeworfen. Die EU-Kommission hatte sich empört über die Kampagne gezeigt. Juncker forderte, die Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei (EVP) auszuschließen. Juncker ist seit 2014 EVP-Komissionspräsident.
Auch der Spitzenkandidat der EVP bei der Europawahl, Manfred Weber, unterstützt Juncker. Teile von Orbans jüngster Rede zur Lage der Nation und der Plakatkampagne lösten "in der EVP großes Unverständnis und Verärgerung aus", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Er halte "manche Formulierungen für inakzeptabel". Man könne nicht wie Orban "der EVP angehören und gegen den amtierenden EVP-Kommissionspräsidenten Wahlkampf machen, das geht nicht". Orbán müsse "erkennen, dass er sich derzeit immer weiter von der EVP entfernt", sagte Weber der Zeitung.
Zuvor hatte bereits die Führung der Unionsfraktion im Bundestag den Verbleib von Orbans Partei in Frage gestellt. Die Attacke gegen Juncker sei "politisch völlig inakzeptabel und eines Ministerpräsidenten absolut unwürdig", sagte Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie widerspreche allen Werten, für die christdemokratische Parteien in der EVP stünden. Die Unionsfraktion erwarte "eine klare Entschuldigung Orbans bei Kommissionspräsident Juncker".
Kramp-Karrenbauer droht mit Abbruch der Gespräche
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer drohte mit einem Abbruch der regelmäßigen Gespräche mit der Partei Fidesz. Man habe in der EVP in der Vergangenheit "zusammen mit unseren Schwesterparteien daran gearbeitet, dass Europa als Ganzes zusammenwächst", sagte Kramp-Karrenbauer dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Dies bedeute auch die Fähigkeit zu haben, es über streitige Sachfragen nicht zu einer erneuten Spaltung Europas kommen zu lassen. "Dieses oben genannte Ziel ist durch die jüngsten nicht nachvollziehbaren und haltlosen Vorwürfe der Fidesz unter Viktor Orban in Gefahr geraten. Sie schwächen und schaden darüber hinaus die EVP als Ganzes", sagte sie.
Die CDU werde den regelmäßigen Dialog mit Fidesz nutzen. "Sollte sich in diesem Rahmen allerdings kein gemeinsames Verständnis für die Ziele der EVP mehr herstellen lassen, würde das Format keinen Sinn machen und demzufolge beendet", sagte Kramp-Karrenbauer. "Es liegt an der ungarischen Seite belastbar zu beweisen, dass sie sich der EVP noch zugehörig fühlt."
Was Orban derzeit mache, sei unerträglich, sagte auch der Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, dem "Spiegel". Der innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich, sagte, die Kampagne gegen Juncker und Soros sei inakzeptabel. "Wir müssen auch innerhalb der EVP-Fraktion deutlich machen, dass europäische Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Grundrechtsbindung für alle gelten, auch für Orban."