Messerangriff von Sydney Angreifer attackierte offenbar gezielt Frauen
Fünf der sechs Todesopfer sind weiblich: Der Messerangreifer von Sydney hat offenbar gezielt Frauen angegriffen. Die Polizei will nun klären, warum. Inzwischen äußerte sich der Vater des Täters zu den möglichen Hintergründen.
Der Angreifer von Sydney hat offenbar gezielt Frauen angegriffen. Der Täter, der am Samstag in einem beliebten Einkaufszentrum mit einem Messer sechs Menschen getötet und mehrere weitere verletzt hatte, habe sich nach jüngsten Erkenntnissen der Ermittler bei seinem Angriff offenbar "auf Frauen konzentriert und Männer gemieden", sagte die Polizeipräsidentin des Bundesstaats New South Wales, Karen Webb, dem Fernsehsender ABC.
Grund für diese Annahme, auf die sich nun auch die Ermittlungen konzentrierten, seien Aufnahmen von dem Angriff. Überwachungsvideos zeigten, wie der Angreifer mit einem langen Messer durch das Einkaufszentrum lief und dabei überwiegend weibliche Opfer verfolgte. Die Videos sprächen "für sich selbst", sagte Webb. Für den weiteren Erkenntnisgewinn komme es nun darauf an, dass die Ermittler die Menschen aus dem Bekanntenkreis des Täters ausführlich befragten.
Vater: Sohn wollte eine Freundin, war frustriert
Inzwischen äußerte sich der Vater des Täters zu einem möglichen Motiv. Er wisse, warum sein Sohn vor allem Frauen ins Visier genommen habe, sagte der 76-Jährige zu Journalisten: "Weil er eine Freundin wollte, keine sozialen Fähigkeiten hat und völlig frustriert war." Sein Sohn sei an Schizophrenie erkrankt gewesen. "Für Sie ist er ein Monster. Für mich war er ein sehr kranker Junge. Glauben Sie mir, er war ein sehr kranker Junge."
Sein Sohn sei von Messern fasziniert gewesen. Er selbst habe ihm im vergangenen Jahr fünf militärische Kampfmesser weggenommen, als sie noch gemeinsam im Haus der Familie in Toowoomba im Bundesstaat Queensland, etwa 870 Kilometer von Sydney entfernt, gelebt hätten. Er habe gefürchtet, dass sein Sohn mit den Messern gewalttätig werden könnte. Sein Sohn sei aufgebracht gewesen, habe die Polizei angerufen und ihn des Diebstahls bezichtigt. Die Messer seien einem Freund zur Verwahrung gegeben worden.
"Ich sagte der Polizei, dass mein Sohn an Schizophrenie leidet und ich mir Sorgen um mich selbst mache", so der Vater. "Ich sagte zu meinem Kumpel: 'Warum habe ich das Gefühl, dass ich in meinem eigenen Haus von meinem eigenen Sohn mit einem US-Kampfmesser umgebracht werde?'"
Fünf Frauen, ein Mann unter den Opfern
Der Mann hatte am Samstagnachmittag in dem gut besuchten Einkaufszentrum Westfield Bondi Junction im Osten der australischen Metropole sechs Menschen getötet und mehrere weitere verletzt, bevor er von einer Polizistin erschossen wurde.
Bei den Todesopfern handelte es sich laut Polizeipräsidentin Webb um fünf Frauen und einen Mann. Unter den Opfern war nach jüngsten Angaben auch eine chinesische Studentin. Die junge Frau ist das letzte der Opfer, das nach dem Angriff vom Samstag identifiziert werden konnte.
Terrormotiv ausgeschlossen
Zwölf Menschen wurden zudem ins Krankenhaus eingeliefert, darunter auch ein Baby. Die Mutter hatte ihr neun Monate altes Baby Medienberichten zufolge einem Passanten übergeben, bevor sie selbst niedergestochen wurde. Das Baby musste notoperiert werden und befand sich laut Polizei in einem "ernsten, aber stabilen Zustand". Bei dem von dem Angreifer getöteten Mann handelt es sich um einen aus Pakistan stammenden 30-Jährigen, der als Wachmann arbeitete, wie Vertreter der pakistanischen Gemeinde erklärten.
Die Polizei identifizierte den Täter später als 40-jährigen Joel C. Er sei den Behörden bekannt gewesen und habe an einer psychischen Erkrankung gelitten. Einen terroristischen Hintergrund schlossen die Beamten aus. Es gebe bislang nichts, das auf eine "Ideologie" als Antrieb für seine Bluttat hindeute, hieß es.
Weiterer Messerangriff in Sydney: Angreifer sticht Bischof nieder
Das Entsetzen über die Messerattacke im Einkaufszentrum ist noch nicht abgeebbt, da ereignet sich in Sydney ein zweiter ähnlicher Angriff: Ein Mann stach in einer Kirche in Sydney auf einen Bischof und drei Gläubige ein. Keines der Opfer sei lebensbedrohlich verletzt worden, teilte die Polizei mit. Der Bischof wurde mit mehreren Stichwunden in ein Krankenhaus eingeliefert.
Ein in den sozialen Medien veröffentlichtes Video zeigt, wie ein schwarz gekleideter Mann auf Bischof Mar Mari Emmanuel in der "Christ The Good Shepherd Church" im Südwesten Sydneys zuging und mehrfach auf dessen Kopf und Oberkörper einstach. Emmanuel ist Oberhaupt der von ihm begründeten Kirche, einer Abspaltung der "Alten Kirche des Ostens", die weltweit zwischen 70.000 und 100.000 Gläubige zählt.
Laut australischen Medien wurde der mutmaßliche Täter von der Polizei festgenommen. Über das Motiv gab es noch keine Informationen. Vertreter von Religionen und Politik zeigten sich schockiert über das zweite Attentat in kurzer Zeit. Der Ministerpräsident von New South Wales, Chris Minns, rief die Bevölkerung von Sydney zu Ruhe und Besonnenheit auf. Er betonte: "Wir sind hier eine starke Gemeinschaft, und es ist wichtig, dass wir alle zusammenhalten."