Salomonen Ausgerechnet China statt Australien
Lange war Australien für die Salomonen Helfer und Schutzmacht. Dann fühlte sich Premier Sogavare missachtet und schloss ein Sicherheitsabkommen mit China. Das ist brisant für Australien - über die Parlamentswahl hinaus.
Premierminister Manasseh Sogavare ist beleidigt: "Es ist überaus beleidigend und total unakzeptabel", echauffiert er sich im Parlament der Salomonen. "Wir werden behandelt wie Kindergartenkinder, die mit einem 45er-Colt in der Hand rumrennen und darum beaufsichtigt werden müssen."
Was war geschehen? Die Salomonen sind ein kleiner, pazifischer Inselstaat, 2000 Kilometer nordöstlich von Australien. Und jahrzehntelang war der große Nachbar Helfer, Schützer, Einflussnehmer.
In den vergangenen Jahren aber fühlte sich Premierminister Sogavare vernachlässigt von Australien - und wandte sich einem anderen Land zu, das im Pazifik mehr Einfluss haben möchte: China. Ausgerechnet. Denn das Verhältnis zwischen China und Australien ist zurzeit sehr angespannt.
Geheimes Sicherheitsabkommen mit China
Australiens Premier Scott Morrison versucht, sich gelassen zu geben: "Wir müssen ruhig und besonnen sein, wenn wir uns diesen Themen widmen. Premier Sogavare hat ein geheimes Sicherheitsabkommen mit der chinesischen Regierung abgeschlossen."
Aber die Salomonen näherten sich so sehr an, dass China möglicherweise direkt vor Australiens Nase einen militärischen Stützpunkt errichten könnte. Und wie es zu dieser Situation kommen konnte, danach muss sich Premier Morrison kurz vor der Wahl in Australien kritisch befragen lassen. Seine Antwort:
Das hat uns nicht überrascht, … also managen wir diese Situation jetzt verantwortungsvoll gemeinsam mit unseren Partnern - um zunächst die Sicherheitsinteressen Australiens zu schützen, aber auch die der Salomonen. Wir sind sehr besorgt um die Salomonen. Und wir sind sehr besorgt um die Sicherheit im Südwest-Pazifik.
"Der Dieb, der Diebstahl ruft"
China versucht seinen Einfluss im Pazifik auszuweiten, indem es immer mehr Präsenz auf den Inseln der Südsee zeigt - durch Infrastruktur, durch eine Diplomatie der Kredite, Darlehen und Sicherheitsversprechen. So auch auf den Salomonen.
Im März war ein Entwurf des Sicherheitsabkommens an die Öffentlichkeit gedrungen; demnach sollten chinesische Polizei, bewaffnete Polizei, Militär und andere Einsatzkräfte auf die Salomonen entsandt werden können; zudem sollte China mit dem Einverständnis der Salomonen Schiffe dort anlegen und versorgen können.
Die pazifischen Nachbarn wie Australien und Neuseeland sehen das als potenzielle Militarisierung der Pazifikregion. Und genau auf diese Hinweise reagiert der Premier der Salomonen so beleidigt.
"Die Souveranität der Salomonen ist auch eine Souveränität", unterstützt ihn dabei der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian. "Einzelne australische Politiker sollten aufhören, alles in schwarz und weiß zu zeichnen und der Dieb zu sein, der 'Diebstahl!' ruft."
Auch auf den Salomonen pflegt China seine Investitions-Diplomatie: Premier Sogavare und der chinesische Botschafter auf den Salomonen, Li Ming, bei der gemeinsamen Einweihung eines Stadions in der Hauptstadt Honiara.
Auch die USA umwerben nun
Als Australien, die USA und Großbritannien den AUKUS genannten Deal über Atom-U-Boote für Australien abschlossen, nahm China das als Kampfansage auf und bezeichnete den Pakt als extrem unverantwortlich. Das Sicherheitsabkommen mit den Salomonen scheint Chinas Antwort darauf.
Bisher hat das Land nur einen militärischen Stützpunkt im Ausland - in Afrika. Die Salomonen liegen strategisch zwischen Australien, Neuseeland, und Pazifik-Stützpunkten der USA. Die USA umwarben in Windeseile die Salomonen und kündigten an, ihre Botschaft in dem Land wiederzueröffnen.
Der Premier versucht es mit Güte
Scott Morrison, Australiens Premier, versucht es vor der Wahl am Wochenende mit Güte: "Wir waren immer da für die Menschen von den Salomonen, und werden es immer sein."
Klingt freundlich, genügt aber vielleicht weder den Wählern in Australien noch den Salomonen. Denn die sind zudem - wie die meisten anderen Pazifikinseln - dank Australiens kohlefreundlicher Politik von der Klimakrise bedroht.