Reaktionen auf "PanamaPapers" Von Schweigen bis Verschwörung
Die "PanamaPapers"-Enthüllungen beschäftigen Regierungen weltweit. Während Frankreich rechtliche Konsequenzen ankündigte, gerät der britische Premier Cameron unter Druck. Der Kreml in Moskau wittert eine Verschwörung. Der in Spanien spielende Fußballer Messi erwägt sogar juristische Schritte.
Welche Konsequenzen werden die "PanamaPapers"-Enthüllungen zu dubiosen Briefkastenfirmen in Mittelamerika haben? Einen Vorgeschmack bieten die ersten Reaktionen von Regierungen weltweit. Diese fallen sehr unterschiedlich aus.
Am meisten unter Druck ist derzeit wohl der amtierende Premierminister von Island, Sigmundur Gunnlaugsson. Das Parlament wird höchstwahrscheinlich heute über einen Misstrauensantrag abstimmen. Einen entsprechenden Antrag reichte die Opposition ein. Sie fordert Gunnlaugssons Rücktritt. Am Abend forderten Tausende Demonstranten den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Der Grund: Die "PanamaPapers"-Dokumente legen offen, dass der Politiker und zwei seiner Minister mit Briefkastenfirmen gearbeitet haben.
Vor dem Parlament in Reykjavik demonstrieren die Menschen gegen Ministerpräsident Gunnlaugsson.
Gunnlaugsson selbst lehnt einen Rücktritt ab. "Ich habe es nicht in Betracht gezogen, wegen dieser Sache zurückzutreten, und ich werde wegen dieser Sache nicht zurücktreten", sagte Gunnlaugsson dem isländischen TV-Sender Channel 2. Er habe niemals Geld im Ausland versteckt.
Gunnlaugssons Frau, die von ihrem Vater ein Vermögen geerbt habe, habe in Island alle Steuern entrichtet: "Weder hat sie Steuerparadiese ausgenutzt, noch kann man behaupten, dass ihr Unternehmen eine Briefkastenfirma in dem Sinne ist, dass es Steuern eher im Ausland als in Island bezahlt", erklärte Gunnlaugsson.
USA suchen nach Hinweisen auf Korruption
In den USA werden die Enthüllungsdokumente von Mitarbeitern des Justizministeriums gezielt nach Hinweisen auf Korruption durchforstet. Man nehme alle glaubwürdigen Hinweise auf Korruption im Ausland mit Verbindung zu den USA sehr ernst, sagte ein Sprecher. Welche Dokumente dem Justizministerium für die Untersuchungen zur Verfügung stehen, ließ der Sprecher offen.
Argentiniens Präsident weist Vorwürfe zurück
Argentiniens Staatschef Mauricio Macri, dessen Name in den Unterlagen der sogenannten "PanamaPapers" im Zusammenhang mit einem auf den Bahamas eingetragenen Unternehmen auftaucht, ist sich ebenfalls keiner Schuld bewusst. Macri habe keine Beteiligung als Aktionär an der Firma gehabt und sei deshalb auch nicht verpflichtet gewesen, die von ihm angenommene Rolle als Direktor in seinen Steuererklärungen zu erwähnen, erklärte das Präsidialamt.
Die 1998 gegründete und 2009 wieder geschlossene Firma sei Teil der Familien-Holding gewesen, die von Franco Macri, dem Vater des Präsidenten, geführt worden sei. Franco, Mauricio und dessen Bruder Mariano Macri waren laut der "PanamaPapers" die Direktoren der Offshore-Firma.
Hollande spricht von "guten Neuigkeiten"
In Frankreich kündigte Präsident Francois Hollande rechtliche Schritte im Zusammenhang mit den Enthüllungen an. "Ich versichere Ihnen, so wie die Information zutage tritt, werden Untersuchungen durchgeführt, Verfahren eröffnet und Prozesse geführt werden", sagte der Staatschef am Rande eines Firmenbesuchs bei Paris vor Journalisten. Die Enthüllungen in den "PanamaPapers"seien "gute Neuigkeiten", denn der Staat werde "von denen, die betrügen", mehr Steuern erhalten.
Die französische Justiz leitete inzwischen Vorermittlungen ein. Es gehe um den Verdacht auf Geldwäsche im Zusammenhang mit schwerem Steuerbetrug, sagte ein Sprecher der nationalen Finanz-Staatsanwaltschaft. Die Ermittler untersuchten dabei nur Fälle, in denen französische Steuerpflichtige betroffen sein könnten. Wie viele dies sind, sei bislang nicht klar, so der Sprecher.
In Großbritannien gerät Premierminister David Cameron durch die Recherchen selbst unter Druck. Britischen Medienberichten zufolge wird in den mehr als 11,5 Millionen Dokumenten, auf denen die Enthüllungen fußen, sein verstorbener Vater Ian Cameron erwähnt. Zudem sollen in den Unterlagen auch Mitglieder von Camerons Partei sowie finanzielle Unterstützer der Konservativen auftauchen. Camerons Büro lehnte eine Stellungnahme ab. Die Regierung bat aber das Journalisten-Recherchenetzwerk ICIJ um eine Kopie der durchgesickerten Daten. "Wir werden diese Daten genau untersuchen und daraufhin rasch und angemessen handeln."
Schäube will Vorschläge gegen Steuerflucht vorlegen
Aus Sicht der Bundesregierung steht Deutschland bei verdächtigen Panama-Geldströmen nach bisherigem Kenntnisstand nicht im Fokus. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Veröffentlichungen würden ernstgenommen, Hinweisen auf Steuerhinterziehung müsse nachgegangen werden. Das Finanzministerium erklärte, bereits heute sei es strafbar, Einkünfte aus Vermögen in einer ausländischen Briefkastenfirma vor dem Fiskus zu verstecken. Jedoch sieht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Enthüllungen als Rückenwind im internationalen Kampf gegen Steuerflucht. Bis April will er - unabhängig vom Panama-Fall - eigene, neue Vorschläge präsentieren. "Wir nehmen im Match diesen Ball auf und werden ihn weiter voranspielen", sagte Schäubles Sprecher.
Bundesjustizminister Heiko Maas pocht nach den Enthüllungen auf strengere Gesetze. Er plane ein "Transparenzregister", in dem Briefkastenfirmen ihre wahren Eigentümer offenlegen müssen, sagte Maas dem Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR.
SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte ein härteres Vorgehen gegen Steuerflucht und Geldwäsche. Der Vizekanzler möchte Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten. Seine Generalsekretärin Katharina Barley fand klare Worte für die aufgedeckten Praktiken: "Das ist Schwerstkriminalität, die dem Allgemeinwesen aufs Härteste schadet. Steuerhinterziehung ist asozial und Betrug an der Gesellschaft."
Die Grünen sehen den deutschen Gesetzgeber in der Pflicht. "Man muss sich auch die Banken anschauen, denn es sind ja zahlreiche Banken involviert, die das offensichtlich aktiv vermitteln. Hier muss es eine Strafe geben", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir.
Kreml wittert CIA-Komplott
In Russland wittert der Kreml hinter den Enthüllungen eine Verschwörung der USA zur Schwächung von Präsident Wladimir Putin. Aus den "PanamaPapers" geht hervor, dass enge Vertraute von Putin mit Offshore-Firmen der Kanzlei "Mossack Fonseca" gearbeitet haben. Die russische Regierung sieht den US-Geheimdienst CIA hinter diesen Enthüllungen.
Viele der an den Recherchen beteiligten Journalisten seien "frühere Mitarbeiter des Außenministeriums, der CIA und anderer Geheimdienste", sagte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Er kritisierte zahlreiche "Erfindungen" und "Fälschungen" in den Berichten. Peskow sagte, Russland sei das Hauptziel der Veröffentlichungen. Zugleich versicherte er, die Recherchen enthielten "nichts Neues oder Konkretes" über Putin.
In der Ukraine wird das Antikorruptionsbüro des Landes vorerst nicht gegen Präsident Petro Poroschenko ermitteln. "Gemäß der geltenden Gesetze gehört der Präsident nicht zur Liste der Funktionsträger, gegen die das Büro Ermittlungen aufnehmen kann", erklärte die Behörde auf Anfrage der Onlinezeitung strana.ua. Nur gegen ehemalige Präsidenten könne ermittelt werden. Dennoch regten zwei Abgeordnete der Präsidentenpartei, Mustafa Najem und Sergej Leschtschenko, die Einrichtung einer juristischen Untersuchungskommission an. Den Recherchen zufolge soll Poroschenko im August 2014 auf dem Höhepunkt des Krieges im Donbass mit der Gründung einer Offshore-Firma seinen Süßwarenkonzern juristisch auf die Britischen Jungferninseln verlegt haben.
Österreich lässt Banken überprüfen
Die Finanzmarktaufsicht in Österreich hat nach den ersten Enthüllungen die Überprüfung zweier Banken in Auftrag gegeben. Dabei handelt es sich um die Raiffeisen Bank International (RBI) und die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank. "Wir werden bei jeder dieser Banken eine anlassbezogene Vorortprüfung durchführen, um zu überprüfen, ob in diesen genannten Fällen die Organisationspflicht zur Prävention von Geldwäsche eingehalten wurde", sagte ein FMA-Sprecher zur österreichischen Nachrichtenagentur APA.
Auch in China ziehen die "PanamaPapers" ihre Kreise. Den Recherchen zufolge haben Verwandte der ranghöchsten Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas ihr Vermögen über Briefkastenfirmen in sogenannten Steueroasen versteckt. Es soll Verbindungen zu mindestens acht amtierenden oder ehemaligen Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Politbüros geben, dem wichtigsten Gremium der Kommunistischen Partei - unter ihnen auch Chinas Präsident Xi Jinping.
Messi erwägt, gegen Journalisten vorzugehen
Der in Spanien spielende Fußballer Lionel Messi wies Verdächtigungen zurück, Geld bei einer Offshore-Firma in Panama geparkt zu haben. Der gegen den Stürmer des FC Barcelona erhobene Vorwurf, eine Gesellschaft in dem mittelamerikanischen Land zur Steuerhinterziehung genutzt zu haben, sei "falsch und beleidigend", betonte Messis Familie in einem Kommuniqué. Die Anwälte des Fußballers prüften, ob sie juristisch gegen die Medien vorgehen, die diese Verdächtigung verbreitet hätten.