Entwurf für neue EU-Tabak-Richtlinie Brüssel drängt auf Schockbilder
Die EU will Jugendliche davon abhalten, mit dem Rauchen anzufangen. Die neue Tabakrichtline sieht unter anderem vor, aromatisierte Menthol-Zigaretten zu verbieten. Zudem sollen Warnhinweise künftig 75 Prozent der Packungen bedecken. Für die Markenlogos bleibt dann nur ein Streifen am Rand.
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
EU-Kommissar Tonio Borg hat nach eigener Auskunft selbst einige Jahre geraucht. Manchmal, so der Malteser, tue man Dinge, die nicht rational seien. Weiter führt er aus, der Sinn der neuen Vorschläge der Europäischen Kommission sei es nicht, alle Raucher als die Dummen dastehen zu lassen oder ihnen die Freiheit zu nehmen, sich für das Rauchen zu entscheiden. Aber alle sollen genau Bescheid wissen, was das für sie bedeuten kann. "Wir verbieten das Rauchen nicht, wir regulieren es in einer Weise, dass alle EU-Bürger wissen, was sie rauchen", sagte Borg: "Es soll so aussehen wie es ist. Es ist Tabak, und es sollte wie Tabak aussehen und wie Tabak schmecken."
Damit jeder weiß, was er raucht, sollen die Warnhinweise auf Zigarettenpackungen etwa doppelt so groß werden wie bisher. 75 Prozent der Vorder- und Rückseite sollen sie mindestens einnehmen. Die Fläche soll aufgeteilt werden zwischen den schon bekannten Warnhinweisen wie "Rauchen tötet" und abschreckenden farbigen Fotos von Raucherbeinen oder entstellten Lippen und Zähnen. Für die Markenlogos soll nur noch ein kleiner Platz im unteren Bereich der Zigarettenpackungen übrigbleiben.
Zigarettengeschmack soll auch reguliert werden
Auch der Geschmack der Zigarette soll nach den Wünschen von Gesundheitskommissar Borg reguliert werden: "Zigaretten, die nach Schokolade oder Vanille schmecken, verdecken den rauen Tabakgeschmack und bringen junge Leute leichter zum Rauchen." Das gilt auch für Zusatzstoffe wie Menthol, die das Kratzen im Rachen mildern und ein tieferes Einatmen des Tabakrauchs ermöglichen. Zutaten, die den Rauch weniger störend machen, sollen verboten werden.
Und auch der Durchmesser der Zigaretten wird genau festgelegt. Damit sollen besonders dünne "Slim"-Zigaretten vom Markt verbannt werden, die den Eindruck erwecken, weniger schädlich zu sein. Die EU-Kommission will alles tun, um junge Menschen nicht erst zu Rauchern werden zu lassen. "Man fängt nicht mit 50 oder 60 Jahren an zu rauchen, 94 Prozent aller Raucher beginnen schon unter 25 Jahren mit dem Rauchen", sagt Borg: "Und was noch besorgniserregender ist: 70 Prozent der Raucher haben angefangen, als sie noch unter 18 waren, also als Minderjährige." Vor allem die Zahl jugendlicher Raucher solle durch die neuen Maßnahmen drastisch reduziert werden. Auf sie wirkten auch die Schockbilder am stärksten.
Nationale Regierungen und das EU-Parlament sind nun am Zug
Jetzt müssen die Vorschläge der EU-Kommission von den nationalen Regierungen und dem Europaparlament beraten werden. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese hält den Gesetzentwurf der EU-Kommission für ausgewogen: "Ich glaube, es ist gut, dass die Kommission handelt. Rauchen ist die wichtigste Ursache von vorzeitigen Todesfällen. Und es wird nicht nur der Raucher selbst geschädigt, sondern auch andere." Auch die Grünen im Europäischen Parlament begrüßen den Vorschlag grundsätzlich.
Etwa eineinhalb Jahre soll die Beratung der neuen Tabak-Richtlinie dauern. Die neuen Warnhinweise könnten dann frühestens in zwei Jahren am Kiosk oder im Automaten verpflichtend sein.