Regierungsbildung in Italien Erleichterung und Sorge in Brüssel
Giuseppe Conte, Kandidat der "Fünf-Sterne-Bewegung" und der "Lega", wird nun doch nicht Regierungschef in Italien. In Brüssel bedauert das niemand - mit Ausnahme der politischen Rechten. Von Karin Bensch.
Giuseppe Conte, Kandidat der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Partei Lega, wird nun doch nicht Ministerpräsidentent von Italien. Er gab den Regierungsauftrag an den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella zurück, weil der sich geweigert hatte, den Euro-Kritiker Paolo Savona zum Finanzminister zu ernennen. Nun soll es eine Übergangsregierung geben und möglicherweise Neuwahlen im Herbst.
Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt: "Auf Italien konnten wir uns immer verlassen."
"Mit Ratschlägen zurückhalten"
Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, hofft, "dass es bald zu einer stabilen, pro-europäischen Regierung in Italien kommt. Italien ist ein Gründungsstaat der Europäischen Union. Wir konnten uns auf Italien immer verlassen als ein integrationsfreundliches Land, mit dem wir sehr eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben."
Roth, der Außenminister Heiko Maas bei einem EU-Treffen in Brüssel vertritt, forderte zugleich Geduld. Deutschland solle sich mit Ratschlägen, was die Regierungsbildung anbelangt, zurücknehmen: "Wir haben schließlich auch sechs Monate gebraucht, um eine neue Regierung zu bilden."
"Mattarella weiß schon, was er macht"
Ähnlich äußerte sich der belgische Außenminister Didier Reynders. Angesichts der mehrfach sehr langen Regierungsbildung in Belgien könne er schlecht die Verzögerungen in Italien kritisieren. Am Ende sei es wichtig, eine stabile Regierung zu haben, mit der die Europäische Union effizient zusammenarbeiten könne.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn betonte, dass er Vertrauen in Italiens Staatspräsident habe: "Ich glaube, wir brauchen dem Präsidenten Mattarella keine Gebrauchsanleitung zu geben. Er ist ein guter Italiener und ein guter Europäer. Und ich glaube, er weiß schon, was er macht."
"Präsident Mattarella braucht keine Gebrauchsanleitung", meint Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.
Rechte sehen "Staatsstreich" in Italien
Auffallend zurückhaltend äußerten sich Vertreter der Länder, die ebenfalls Rechtspopulisten oder EU-Kritiker in der Regierung haben. Ob das Scheitern der Regierungsbildung in Italien eine gute oder eine schlechte Nachricht ist, wollte die österreichische Außenministerin Karin Kneissl nicht beurteilen. Die parteilose Politikerin sagte nur so viel. "Manchmal dauern Regierungsbildungen sehr lange. Das sehen wir ja auch in anderen europäischen Staaten."
Scharf dagegen fiel die Reaktion der Rechtspopulisten aus. Was in Italien passiere, sei ein Staatsstreich, ein Raubüberfall illegitimer Institutionen auf das italienische Volk, twitterte die französische Rechtspopulistin Marine Le-Pen. Angesichts dieser Demokratie-Verweigerung wachse überall in Europa die Wut der Völker. Sorge gibt es in Brüssel darüber, dass bei eventuellen Neuwahlen im Herbst, Rechtspopulisten und EU-Kritiker in Italien noch stärker werden könnten.