EU-Gipfel zur "Östlichen Partnerschaft" Keiner soll verloren gehen
Nach hartem Ringen haben sich die EU und sechs ehemalige Sowjetrepubliken auf ein Papier zur östlichen Partnerschaft verständigt. Es verspricht wenig und versucht doch, die Annäherung fortzusetzen. Irgendwie weitermachen - dieses Motto galt auch für andere Teilnehmer.
Von Christian F. Wulf, tagesschau.de
Die Kanzlerin ist froh gestimmt. "Sehr harmonisch" sei der Ost-Gipfel der EU in Riga bisher verlaufen, sagt Angela Merkel am Morgen. Und tatsächlich haben sich die EU und die sechs Staaten ihrer "Östlichen Partnerschaft" es immerhin geschafft, sich auf ein Abschlussdokument zu einigen. Ein Seiltanz in vielfacher Hinsicht:
Zum einen ist die Gruppe der ehemaligen sechs Sowjetrepubliken Weißrussland, Moldau, Armenien, Aserbeidschan, Georgien und Ukraine keineswegs homogen. Mit Moldau, Georgien und der Ukraine haben drei von ihnen bereits ein Assoziierungsabkommen mit der EU, alle drei streben die Mitgliedschaft in der EU an. Visafreiheit hatten sich Georgien und die Ukraine vom EU-Gipfel gewünscht, in der Abschlusserklärung wird immerhin die Prüfung durch die EU-Kommission bis 2016 zugesagt. Gar keine Zugeständnisse bekommen die Länder in Sachen EU-Beitritt. Als Trostpflaster gibt es immerhin einen 1,8 Milliarden-Euro-Kredit für die Ukraine.
Konflikt mit Moskau überschattet den Gipfel
Der Grund für die Zurückhaltung ist klar: Man will Moskau nicht verärgern. Zumal die anderen drei Staaten, Weißrussland, Aserbeidschan und Armenien, zuletzt wieder die Nähe Moskaus suchten - oder aufgrund wirtschaftlicher Faktoren dazu gezwungen waren. Jedenfalls hatten diese drei bis zuletzt versucht, Kritik an Russland wegen seiner Einmischung in der Ukraine und Georgien aus dem Abschlusskommunique herauszuhalten. Dennoch wird in dem Papier betont, die territoriale Integrität der Staaten solle geschützt werden.
Im Ganzen ist die Abschlusserklärung, die am Nachmittag präsentiert werden soll, also der Versuch, sowohl den ausgesprochenen EU-Freunden wie auch den Zögerlichen gerecht zu werden. Keiner soll verloren gehen.
Dauerthema Griechenland
Wobei dieses Motto auch für zwei Nebenbaustellen gelten kann, die diesen Gipfel beschäftigten: Griechenland und Großbritannien.
Mehr als zwei Stunden berieten Angela Merkel und Frankreich Präsident Francois Hollande gestern Abend mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Griechenland droht Ende Mai, pleite zu gehen. Hollande und Merkel sicherten Tsipras ihre Hilfe zu, letztlich müsse aber eine Einigung mit den Institutionen, also IWF, EZB und EU gefunden werden. Voraussetzung wären weitere Anstrengungen Griechenland, sprich: Reformen. "Es muss sehr, sehr intensiv gearbeitet werden", sagte Merkel nach dem Treffen.
Die neue Baustelle: das britische EU-Referendum
Die andere Baustelle kam in Gestalt von David Cameron erst mit Verspätung zum Gipfel, um dann jedoch gleich richtig loszulegen: Er wolle bereits auf dem Gipfel in Riga über von Großbritannien geforderte Reformen reden, die Rolle Großbritanniens müsse gestärkt werden. "Ich bin entschlossen, dem britischen Volk eine Reform der Europäischen Union vorzulegen, so dass es in dem Referendum, das wir abhalten werden, eine echte Auswahl hat", so Cameron in der Nacht. Auf viel Gegenliebe wird er bei seinen Amtskollegen nicht gestoßen sein. "Es wird auf dem Weg viel Lärm geben, viele Höhen und Tiefen", so die Prognose Camerons. Von den Kollegen: beredtes Schweigen. Und so kann er nur hoffen, dass das inoffizielle Gipfel-Motto am Ende auch für ihn gilt: Keiner soll verloren gehen.