Rücktritt von Ministerin Rudd Ein weiterer Rückschlag für Johnson
Die harte Gangart von Premier Johnson hat nun auch Arbeitsministerin Rudd zum Rücktritt getrieben. Sie spricht von "politischem Vandalismus". Die Opposition sieht die britische Regierung kurz vor dem Zusammenbruch.
Boris Johnson hat in dieser Woche schon zahlreiche Rückschläge einstecken müssen. Aber es kommen immer noch neue hinzu. Jetzt verliert er seine Arbeitsministerin Amber Rudd, eine angesehene Politikerin und eine, die sich auch über den Wechsel von Theresa May zu Boris Johnson im Kabinett gehalten hatte.
Nun aber gibt sie ihr Ministeramt auf. Zur Begründung sagte Rudd in der BBC: "Ich wusste und habe akzeptiert, dass der Premier die Möglichkeit haben soll, den No-Deal auf dem Tisch zu lassen. Was ich erwartet hatte, war, dass die Regierung eine große Anstrengung unternehmen würde, einen Deal zu bekommen. Im Moment wird viel Vorbereitung für den No-Deal betrieben und nicht genügend für einen Deal getan." Rudd selbst hatte beim Referendum 2016 für den Verbleib in der EU gestimmt und lehnt einen No-Deal-Brexit ab.
Altgediente Tory-Mitglieder geschasst
Der Kurs von Boris Johnson beim Brexit ist aber nur ein Grund, weshalb sie nun geht. "Obendrein habe ich 21 meiner Kollegen, gute starke konservative Abgeordnete mit richtigen, moderaten, fortschrittlichen Werten, ausgeschlossen gesehen aus der Partei." Mit dem Rauswurf hat die Parteiführung darauf reagiert, dass 21 Tory-Rebellen im Unterhaus mit der Opposition gestimmt hatten um das Anti-No-Deal-Gesetz auf den Weg zu bringen und durchzusetzen.
Zu denen, die danach geschasst wurden, gehören unter anderem Ken Clarke - das dienstälteste Tory-Mitglied im Parlament - und Nicholas Soames, der Enkel von Kriegspremier Winston Churchill. Männer, die jahrzehntelang der Partei angehörten.
Dieses harte Vorgehen hat Schockwellen in der konservativen Partei ausgelöst. Rudd nennt es einen Angriff auf Anständigkeit und Demokratie, dem sie nicht einfach zuschauen könne. Mit Rudds Rücktritt wächst der Druck auf Boris Johnson enorm.
Regierung vor dem Aus?
Erst am Donnerstag hatte der Rücktritt seines Bruders Jo Johnson für Aufsehen gesorgt. Er gehörte der Regierung als Staatssekretär an, und es wurde bei seinem Abgang überaus deutlich, dass er mit dem Kurs seines Bruders und Premiers so unzufrieden ist, dass er nun das Staatsinteresse über die familiäre Loyalität stellt.
Die Oppositionsparteien sehen angesichts der aktuellen Entwicklung die Regierung vor dem Zusammenbruch. Gleichzeitig wappnen sich die No-Deal-Gegner für alle Eventualitäten. Denn das Misstrauen dem Premier gegenüber sitzt tief. Der Labour-Abgeordnete Hilary Benn sagte: "Ich bin sehr betroffen und beunruhigt über die Tatsache, dass der Premier landauf landab erzählt, dass er niemals eine Fristverlängerung beantragen wird. Entweder ist dieses Land ein Rechtsstaat oder nicht."
Johnson sagte zudem, dass die Regierung theoretisch an das No-Deal-Gesetz gebunden sei, das gerade das Parlament passiert hat und am Montag in Kraft treten soll. Was, fragen sich Johnsons Kritiker, soll denn theoretisch bedeuten? Der Premier sei doch an Gesetze gebunden. Bisher ist nicht klar was Johnson mit diesem theoretisch genau zum Ausdruck bringen wollte. Aber die No-Deal-Gegner befürchten, dass Johnson das Gesetz am Ende einfach ignorieren könnte. Sie konsultieren deshalb einmal mehr Juristen, die nun die möglichen Folgen abklären sollen.