Sacharow-Preis verliehen "Es ist die Aufgabe Europas, nicht zu schweigen"
20 Jahre nach dem Tod Andrej Sacharows ist das von ihm gegründete Netzwerk "Memorial" vom EU-Parlament ausgezeichnet worden - mit dem Sacharow-Preis. Die Menschenrechtler Alexejewa, Kowaljow und Orlow bekamen den Preis stellvertretend.
Drei russische Menschenrechtler und Kremlkritiker haben den wichtigsten Menschenrechtspreis der Europäischen Union entgegengenommen. Stellvertretend für die Organisation "Memorial" erhielten Ljudmila Alexejewa, Sergej Kowaljow und Oleg Orlow in Straßburg den diesjährigen Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit des Europaparlaments. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert.
Kowaljow appelierte an die Europäische Union, Menschenrechtsverletzungen in Russland immer wieder offen anzusprechen. "Es ist die Aufgabe Europas, nicht zu schweigen", sagte der 79-Jährige. Der Preis gehöre allen Menschen in Russland, die sich seit Jahren unter großen Gefahren für Menschenrechte einsetzten. Viele der "Besten und Mutigsten" von ihnen hätten dies mit ihrem Leben bezahlt, unter ihnen die Journalistin Anna Politkowskaja und die Memorial-Mitarbeiterin in Tschetschenien, Natalja Estemirowa. Sie vor allem hätten die Auszeichnung verdient, betonte der Biophysiker und frühere Duma-Abgeordnete.
EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek sagte, dass er neben dem Stolz für "Memorial" und die drei Menschenrechtler auch eine Verbitterung fühle, "dass es nötig ist, einen solchen Preis in Europa zu verleihen". Mit Bezug auf die Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja, die 2004 zusammen mit Kowaljow und Alexejewa den Olof-Palme-Preis erhalten hatte, mahnte Buzek, dass ihre Mörder immer noch nicht verurteilt worden seien.
Gegründet, um an Stalins Opfer zu erinnern
Kowaljow und die 82 Jahre alte Alexejewa waren bereits zu Sowjetzeiten Vorkämpfer für Meinungsfreiheit und Demokratie. Kowaljow war als Dissident damals sieben Jahre lang in einem Gulag inhaftiert. Die von Orlow geleitete Organisation "Memorial" wurde vor 20 Jahren in Erinnerung an die Opfer des Stalinismus gegründet. Seit den Neunzigerjahren kritisiert sie aber vor allem die aktuelle Menschenrechtslage in Russland.
Der Preis ist nach dem einstigen sowjetischen Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow benannt, der vor 20 Jahren starb. Er wird an Personen verliehen, die sich für die Menschenrechte und die Demokratie einsetzen. Frühere Preisträger waren unter anderen der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela und der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan.