Nach Selenskyjs USA-Reise Russland wirft USA "indirekten Krieg" vor
Der Kreml reagiert mit scharfer Kritik auf den Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Washington. Doch die richtet sich vor allem gegen die USA. Russland sieht sich einem "indirekten Krieg" durch die US-Regierung ausgesetzt.
Nach dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington hat Russland deutliche Kritik sowohl an der Ukraine als auch den USA geübt. Vor allem gegen die US-Regierung unter Joe Biden erhebt der Kreml scharfe Vorwürfe.
Aus Sicht von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow spiegelt die Reise Selenskyjs die fehlende Verhandlungsbereitschaft gegenüber Russland wider. "Bislang müssen wir mit Bedauern feststellen, dass weder Präsident Biden noch Präsident Selenskyj etwas gesagt haben, was als potenzielle Bereitschaft aufgefasst werden könnte, den Anliegen Russlands zuzuhören", betonte Peskow.
Während Selenskyjs Aufenthalt in Washington habe es keine "wirklichen Friedensappelle" gegeben. So hätten sich die USA auch nicht gegen die "Bombardierung von Wohngebäuden" in der teils von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Donbass ausgesprochen. Dieses Verhalten der US-Regierung zeige, "dass die USA ihre Linie eines de facto und indirekten Krieges mit Russland bis zum letzten Ukrainer fortsetzen", sagte Peskow weiter.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Botschafter spricht von "Stellvertreterkrieg" der USA
Ähnlich hatte sich zuvor bereits der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, geäußert und den USA vorgeworfen, einen "Stellvertreterkrieg" gegen Russland zu führen.
Die USA würden von der "krankhaften Vorstellung eines Sieges über die Russen auf dem Schlachtfeld" geleitet, hieß es von Antonow. Das sei auch der Grund für die anhaltende militärische Unterstützung der US-Regierung für die Ukraine. Die Beteuerung der US-Regierung, keine Konfrontation mit Russland zu suchen, sei nichts als "leere Worte". Denn weder die Ukraine noch die USA zeigten sich verhandlungsbereit, sondern würden stattdessen die "Lüge" verbreiten, dass Russland nicht an einer friedlichen Lösung interessiert sei.
Erste Auslandsreise Selenskyjs seit Kriegsbeginn
Der Besuch Selenskyjs in Washington, bei welchem er auch eine Rede vor dem US-Kongress hielt, war die erste Auslandsreise des ukrainischen Präsidenten seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges. Der Staatschef nutzte den Besuch, um einerseits für die bereits geleistete Unterstützung durch die USA zu danken und gleichzeitig auf künftig noch umfangreichere Hilfen zu drängen.
US-Präsident Biden hatte beim Zusammentreffen mit Selenskyj seine Ankündigung bekräftigt, dass die USA auch das Patriot-Flugabwehrsystem an die Ukraine liefern wollen.
Der russische Botschafter Antonow warf den USA und anderen westlichen Staaten vor, sich durch solche Waffenlieferungen indirekt am Krieg in der Ukraine zu beteiligen. Ukrainische Soldaten sind aus russischer Sicht nicht dafür ausgebildet, die von den USA oder anderen Staaten gelieferten Waffensysteme zu bedienen. Das müssten Einsatzkräfte aus dem Ausland tun.
EU plant Gipfeltreffen im Februar
Auch die EU-Kommission versicherte der Ukraine erneut die Bereitschaft, auch weiterhin umfassende Hilfe und Unterstützung zu leisten. Als Zeichen der Solidarität folgte das Gremium dem Aufruf Selenskyjs, vorübergehend die Beleuchtung abzuschalten. So wollte der Staatschef auf die akuten Mängel bei der Stromversorgung in der Ukraine infolge von russischen Angriffen auf Ziele der kritischen Infrastruktur aufmerksam machen.
Die EU plant für den 3. Februar einen nächsten EU-Ukraine-Gipfel, wie ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel mitteilte. Auch Selenskyj sei für Februar in die EU eingeladen worden. Bislang hatte der ukrainische Präsident sowohl an EU-Gipfeltreffen als auch an Beratungen der G7-Staaten per Videoschalte teilgenommen.