Trump und Truthahn

Thanksgiving in den USA Nur ein kurzer Truthahn-Frieden

Stand: 28.11.2020 03:03 Uhr

Trump kann das Sticheln nicht lassen: Auch ein eigentlich unpolitisches Event wie die Begnadigung zweier Truthähne zu Thanksgiving nutzt er zu Seitenhieben auf seine Gegner.

Immer mal wieder können sich die Amerikaner für einen kurzen Moment einbilden, Donald Trump sei ein ganz normaler Präsident. Wie zum Beispiel, wenn er ihnen zum höchsten Familienfeiertag im Jahr gratuliert - zu Thanksgiving. Dann aber kann Trump es doch nicht lassen und nutzt ein bislang völlig unpolitisches Ritual für parteipolitisches Sticheln: das alljährliche Begnadigen eines Truthahns. Diesmal waren es die zwei Vögel "Bread and Butter". Beide waren offenbar tiefenentspannt.

Das sei wichtig, sagt Trump, weil die zwei bereits eine Thanksgiving-Vorladung erhalten hätten für den Keller von Adam Schiff. Schiff ist dieser Tage die Hassfigur Nummer eins für Trump: Als Vorsitzender des Geheimdienstausschusses hat Schiff die Impeachment-Anhörungen der vergangenen Wochen geleitet, die Trump für eine reine Hexenjagd hält. Und als hätte Trump dann doch gespürt, dass Konkurrenten-Bashing zum Familienfest nicht gut ankommt, fiel ihm noch ein leidlich gelungener Scherz ein - wenn auch wie immer mit Seitenhieb auf den politischen Gegner.

Nicht hart genug gegenüber "Turkey"?

Scheint so, als würden die Demokraten ihm vorwerfen, nicht hart genug zu sein gegenüber "Turkey" - ein Wortspiel, denn "Turkey" kann im Amerikanischen sowohl Truthahn als auch Türkei heißen. Und tatsächlich gab es unlängst erst Tadel für Trumps Umgang mit Recep Tayyip Erdogan.

Das Begnadigen des Truthahns jedenfalls hatte 1963 ein Demokrat eingeführt, Präsident John F. Kennedy, 100 Jahre, nachdem Thanksgiving offiziell US-Feiertag wurde. Trump erweiterte das Ritual in diesem Jahr: Gnade für den Truthahn, keine Gnade für den politischen Gegner.

Politisch unkorrekte "Weihnachtszeit"

Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Florida suggerierte er diese Woche, die Demokraten wollten Thanksgiving umbenennen. So, wie sie es auch bei Weihnachten versucht haben, unterstellt Trump. In der Tat gilt es in den USA als politisch unkorrekt, von Weihnachtszeit zu reden: "Holiday Season" lässt auch Andersgläubige nicht vor der Tür. Jeder in dieser Halle liebt den traditionellen Namen Thanksgiving, unterstellt Trump seinen Anhängern wohl zu Recht. Bei Truthahn im Familienkreis können die Amerikaner heute für einen erholsamen Tag vergessen, wie gespalten die Nation ist.

Doch pünktlich zum Festtag erschien eine bezeichnende Umfrage zur gesellschaftlichen Stimmung im Lande. Das Ergebnis: Beim Ranking der drei wichtigsten Themen gibt es keinerlei Übereinstimmung zwischen den politischen Lagern. Anhängern der Republikaner brennt am meisten auf den Nägeln: Terrorismus, dann Einwanderung und schließlich Kriminalität. Die demokratische Wählerschaft sorgt sich dagegen um: Gesundheitsreform, Klimawandel und Wahlmanipulation aus dem Ausland. Doch da war noch der Trost, den der Präsident und die First Lady für die "Divided Nation" hatten: "We love you all!" - "Wir lieben euch alle!"

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 28. November 2019 um 09:53 Uhr.