Entschließung zum Freihandelsabkommen EU-Parlament sagt "Ja, aber" zu TTIP
Im zweiten Anlauf hat sich das EU-Parlament grundsätzlich für den Abschluss des Freihandelsabkommens TTIP ausgesprochen. In einer Entschließung verlangten die Abgeordneten aber Nachbesserungen - vor allem den Verzicht auf die herkömmlichen Schiedsgerichtsverfahren.
Es sind nur vier Buchstaben, aber die sorgen für heftigste Debatten: TTIP wird das Freihandelsabkommen in Fachkreisen abgekürzt. Wenn schon in der Öffentlichkeit leidenschaftlich darüber diskutiert wird, warum sollte das im EU-Parlament anders sein?
"Sie sagen, Sie sprechen im Namen der Konsumenten", schrie der Grüne EU-Parlamentarier Yannick Jadot schon fast der Abgesandten der EU-Kommission entgegen. "Dann hören Sie denen mal zu! Wir sehen TTIP sehr kritisch!"
Grundsätzlich Ja zu TTIP
Die Brüsseler Behörde führt die Verhandlungen mit den USA über den Handelspakt. Nach der nun erfolgten Abstimmung im Parlament ist klar: Auch die Europa-Abgeordneten wollen diese Verhandlungen nicht stoppen. Sie sagen grundsätzlich Ja zu TTIP, fügen jedoch ein Aber an.
Das Parlament wollte klarstellen, wo seine rote Linien verlaufen. "Daran wird gemessen", erklärt der Vorsitzende des zuständigen Handelsausschusses, Bernd Lange von der SPD. "Wenn das Abkommen entsprechend ausfällt, kann man sagen: Ja. Wenn aber die entsprechenden Positionen am Ende nicht darin enthalten sind, dann sagen wir auch Nein." Ist das Abkommen erst zu Ende verhandelt, muss das EU-Parlament nämlich seine Zustimmung erteilen.
Emotionales Top-Thema der letzten Wochen: die sogenannten privaten Schiedsgerichte. Das sind jene Schlichtungs-Gremien, vor denen Unternehmen gegen Staaten klagen können, wenn sie ihre Investitionen in Gefahr sehen. Lange sieht in der heute verabschiedeten Entschließung eine "völlige Absage" an die bisherigen privaten Schiedsstellen. "Das wird es nach dieser Resolution nicht mehr geben."
Erklärung ist nur Kosmetik
Kritiker führen immer wieder als abschreckendes Beispiel ins Feld, dass der schwedische Energiekonzern Vattenfall die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs vor einem US-Schiedsgericht verklagt.
Auch von der nun verabschiedete Erklärung sind die Kritiker nicht überzeugt. Sie sei nur Kosmetik, völlig zum Verschwinden bringe sie nicht, was die Grünen-Abgeordnete Ska Keller "Paralleljustiz" nennt. "Der Text ist sehr vage", sagt sie. "Da lässt sich alles hinein interpretieren. Es ist genau keine klare Ansage."
In der Entschließung ist die Rede davon, dass die bisherigen privaten Schiedsgerichte durch ein neues System ersetzt werden sollen. Die Debatte darüber dürfte ebenso weiter gehen wie die Debatte über das EU-US-Handelsabkommen insgesamt. Die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström warb jetzt noch einmal für den transatlantischen Pakt: "Gerade wir brauchen einen Verbündeten. Weil unsere Stimme in der Welt relativ gesehen immer schwächer wird. TTIP garantiert die Partnerschaft auch in Zukunft."
Doch genauso wie die heftigen Diskussionen darüber dürften sich auch die Verhandlungen noch hinziehen. Eigentlich sollte das Abkommen bis Ende dieses Jahres weitgehend fertig sein. Diesen Zeitplan halten viele mittlerweile aber für äußerst ehrgeizig.
Seit Juli 2013 verhandelt die EU mit den USA über eine "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft" (TTIP). Mit rund 800 Millionen Verbrauchern würde so der weltgrößte Wirtschaftsraum entstehen. Durch den Wegfall von Zöllen und sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnissen - etwa technischen Standards und Zulassungsvorschriften - soll TTIP mehr Wachstum und neue Jobs schaffen. Täglich werden zwischen Europa und den USA Waren und Dienstleistungen im Wert von zwei Milliarden Euro gehandelt.
Umwelt- und Verbraucherschützer, Sozialverbände und Gewerkschaften befürchten eine Angleichung der Standards auf geringerem Niveau. Sie kritisieren zudem, dass die Verhandlungen zwischen Brüssel und Washington im Geheimen stattfinden. Umstritten sind auch Schutzklauseln für Konzerne und die Rolle von privaten Schiedsgerichte.