Erwartetes Hilfsgesuch der Türkei Es geht um Politik, nicht um "Patriots"
Nach den USA hat die Türkei die zweitgrößte Armee innerhalb der NATO. Bei dem erwarteten Hilfsgesuch an die Verbündeten zur Lösung des türkisch-syrischen Konflikts geht es daher nur vordergründig um "Patriot"-Raketen der Bundeswehr.
Von Gunnar Köhne, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Die Türkei besitzt nach den USA die zweitgrößte Armee innerhalb der NATO, sie ist hochgerüstet und technisch auf dem neuesten Stand. Gegen einen Angriff Syriens könnte sich das Land also problemlos selbst verteidigen. Dass Ankara dennoch bei der NATO Beistand sucht und es gern sähe, wenn die Bundeswehr "Patriot"-Abwehrraketen entlang der 800 Kilometer langen Grenze zu Syrien stationieren würde, dafür gibt es vor allem eine Erklärung: Die Türkei möchte den Konflikt im Nachbarland internationalisieren.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat immer wieder beklagt, dass sein Land mit den Folgen des Bürgerkrieges in Syrien allein gelassen werde. 115.000 syrische Flüchtlinge hat die Türkei mittlerweile aufgenommen, in grenznahen Regionen wird der nicht abreißende Zustrom von Hilfesuchenden mehr und mehr zur Belastung. Ein Teil der syrischen Rebellen operiert von türkischem Territorium aus, die verletzten Kämpfer werden in türkischen Krankenhäusern behandelt.
Forderung nach internationaler Unterstützung
In Ortschaften entlang der Grenze schlagen immer wieder Geschosse ein, Einwohner sind geflohen, Schulen bleiben geschlossen. Auch gestern kam es wieder in unmittelbarer Nähe der Grenze in der Provinz Urfa zu heftigen Gefechten zwischen der syrischen Armee und der Opposition.
Wiederholt hat die türkische Regierung die Einrichtung einer militärisch geschützten Pufferzone auf syrischer Seite gefordert. Dort sollten die Flüchtlinge versorgt werden, Kampfflugzeuge der syrischen Armee dürften sich dann dieser Zone nicht nähern, andernfalls würden sie abgeschossen. Dafür allerdings, das weiß man auch in Ankara, wäre ein UN-Mandat notwendig. Und "Patriot" sind nur für den Abschuss von Raketen geeignet, nicht als Flugabwehr.
Bis an die Zähne bewaffnet
Es geht also nicht um eine unmittelbare Bedrohung, sondern um ein lang erwartetes konkretes Zeichen der westlichen Verbündeten an die Türkei: Wir lassen Euch nicht im Stich. In Ankara gibt es keine offizielle Stellungnahme zu den Spekulationen um eine mögliche Anfrage nach Unterstützung der NATO, die Tageszeitungen zitieren kommentarlos die Patriot-Debatte in deutschen Medien. So soll wohl der Eindruck vermieden werden, die bis an die Zähne bewaffnete Regionalmacht Türkei sei militärisch hilfsbedürftig.