Krieg in der Ukraine Kiew meldet militärische Erfolge
Mehr als einen Monat nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine lassen die Angriffe auf ukrainische Städte nicht nach. Doch Gegenangriffe der Ukrainer konnten die russische Armee an einigen Orten zurückdrängen.
Die ukrainischen Truppen haben nach eigener Darstellung erfolgreiche Gegenangriffe gegen die russischen Streitkräfte gestartet. In der Umgebung der Stadt Charkiw im Osten des Landes seien russische Truppen am Sonntag aus mehreren Ortschaften verdrängt worden, sagte der regionale Militärchef Oleg Synegubow auf Telegram. "Wir treiben die Besatzer in Richtung Grenze zurück", sagte er.
Auch nahe der Hauptstadt Kiew gab es nach ukrainischen Militärangaben Landgewinne. Die Ukrainer könnten hoffen, dass der "Feind" aus den Regionen Kiew, Tschernihiw, Sumy und Charkiw "vertrieben" werden könne, sagte der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch.
Am Sonntag schien sich unter anderem die Kampflinie von der Stadt Mykolajiw im Süden der Ukraine zu entfernen, die Bombenangriffe auf die seit Wochen von der russischen Armee belagerte Stadt schienen nachzulassen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Ukraine wirft Russland "unmenschliche Taktik" vor
Die Luftangriffe der russischen Armee gegen ukrainische Städte wurden in der Nacht zum Montag weiter fortgesetzt. Nach ukrainischen Medienberichten wurden unter anderem die Hauptstadt Kiew sowie Luzk, Riwne und Charkiw von mehreren schweren Explosionen erschüttert. Nahe der Großstadt Charkiw wurden laut Angaben der regionalen Staatsanwaltschaft sieben Menschen durch Artilleriebeschuss getötet, zwei davon sollen Kinder sein. In Luzk im Nordwesten der Ukraine wurde ein Treibstoffdepot getroffen. Zuvor war in allen Regionen des Landes Luftalarm ausgelöst worden.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Die ukrainische Führung warf dem russischen Militär eine "unmenschliche Taktik" vor. Dazu gehörten etwa die "partielle oder totale Blockade von humanitären Korridoren, Blockade der belagerten Städte", schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak auf Twitter. Zudem setze Russland "totale Raketenangriffe" gegen ukrainische Städte fort. Dazu werde die Hafenstadt Mariupol mit Bombenteppichen eingedeckt.
Die Lage in Mariupol und im Osten des Landes könnte sich sogar noch weiter zuspitzen. Das befürchtet zumindest die ukrainische Regierung nach der Ankündigung Russlands, sich im Ukraine-Krieg künftig auf die "Befreiung des Donbass" konzentrieren zu wollen. "Dies bedeutet eine potenzielle oder starke Verschlechterung rund um Mariupol", sagte Präsidentenberater Arestowytsch in einer auf Telegram veröffentlichten Videobotschaft.
Lage in Mariupol spitzt sich zu
In Mariupol kämpften die Eingeschlossenen weiter "ums Überleben", erklärte auch das ukrainische Außenministerium auf Twitter. "Die humanitäre Lage ist katastrophal." Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte wiederum, es sei weiterhin "unmöglich, Lebensmittel und Medikamente" in die Stadt zu bringen. "Die russischen Streitkräfte bombardieren die Konvois mit humanitärer Hilfe und töten die Fahrer."
Zuvor hatte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk noch gesagt, dass am Sonntag wieder Fluchtrouten mit den russischen Streitkräften vereinbart worden seien, um Menschen aus der belagerten Hafenstadt in Sicherheit bringen zu können. Zuletzt waren mehrere Versuche, sichere Fluchtwege für die Zivilisten einzurichten, gescheitert. Die Kriegsparteien wiesen sich die Schuld daran gegenseitig zu.
In Cherson, der einzigen größeren bisher von russischen Truppen eroberten ukrainischen Stadt, protestierten am Sonntag laut Augenzeugenberichten rund 500 Menschen gegen die russischen Besatzungstruppen. Die friedliche Demonstration sei mit Tränengas und Rauchgranaten aufgelöst worden, sagte ein Rettungssanitäter der Nachrichtenagentur AFP.
Offenbar Raketennachschub in Belarus
Nach Erkenntnissen der ukrainischen Militäraufklärung bringt Russland unterdessen offenbar neue Raketen nach Belarus. Zur Vorbereitung neuer Raketenangriffe auf die Ukraine werden demnach russische Abschussrampen in Belarus mit neuen Projektilen versorgt. Die Raketen seien für die bei Kalinkawitschy aufgestellten Einheiten mit dem "Iskander"-Waffensystem gedacht, hieß es. Russland verlegt ukrainischen Angaben nach zudem zusätzliche Militäreinheiten an die ukrainische Grenze.
Mehr als einen Monat nach Kriegsbeginn warf Selenskyj in einem Interview mit russischen Journalisten Kremlchef Putin eine Verzögerung der Friedensverhandlungen vor. In dem rund anderthalbstündigen Video-Gespräch forderte Selenskyj einmal mehr einen Abzug russischer Truppen von ukrainischem Territorium. Erst dann könne es Sicherheitsgarantien für die Ukraine geben, die wiederum Grundlage für den von Moskau geforderten NATO-Verzicht der Ukraine seien. Selenskyj erneuerte außerdem seine Ankündigung, dass über einen möglichen neutralen Status der Ukraine letztendlich nur die ukrainischen Bürger per Referendum entscheiden könnten.