Krieg gegen die Ukraine Raketenangriff auf Lwiw
Lwiw im Westen der Ukraine blieb bisher weitgehend von russischen Angriffen verschont. Nun meldeten die Behörden Raketenbeschuss. Vier russische Raketen seien eingeschlagen. Nahe Tschernobyl haben russische Truppen eine Kleinstadt besetzt.
Die westukrainische Metropole Lwiw ist nach Angaben des Bürgermeisters aus der Luft angegriffen worden. Es seien insgesamt vier russische Raketen eingeschlagen, teilte der Gouverneur der Region, Maxym Kosytsky, bei einer Pressekonferenz mit. Der erste Angriff habe sich gegen ein Treibstofflager in einem Wohngebiet gerichtet, dort seien fünf Menschen verletzt worden, der zweite gegen eine Militärfabrik ebenfalls in einem Wohngebiet.
Bürgermeister Andrij Sadowy erkärte, die Angreifer hätten damit US-Präsident Joe Biden "grüßen" wollen, der sich zu dem Zeitpunkt zu einem Besuch im nahegelegenen Polen aufhielt. Zuvor hatte er die Bevölkerung auf Telegram zur Ruhe aufgerufen. Die Menschen sollten in Schutzräumen bleiben. Nach Angaben der lokalen Behörden gab es durch die Angriffe keine Todesopfer.
Lwiw bisher nur selten unter Beschuss
Die Stadt rund 80 Kilometer vor der Grenze zum NATO-Land Polen hat bislang nur wenige Angriffe erlebt. Die russische Armee hatte aber bereits ein Ziel - eine Fabrik zur Reparatur von Flugzeugen - in der Nähe des Flughafens bombardiert. Nach Angaben des ukrainischen Militärs waren bei dem damaligen Angriff am 18. März russische Marschflugkörper von mehreren hundert Kilometern Entfernung vom Schwarzen Meer aus auf Lwiw abgefeuert worden. Verletzt wurde niemand. Am 13. März wurde der Truppenübungsplatz Jaworiw getroffen, dabei wurden nach ukrainischen Angaben 35 Menschen getötet. In Jaworiw hatten in den vergangenen Jahren ukrainische Soldaten mit westlichen Ausbildern trainiert.
Mindestens 200.000 Flüchtlinge aus anderen Teilen der Ukraine haben sich nach Lwiw begeben.
Stadt nahe Tschernobyl in russischer Hand
Gefechte werden auch aus anderen Teilen des Landes gemeldet: Nahe des früheren Atomkraftwerks Tschernobyl haben russische Truppen nach ukrainischen Angaben die Stadt Slawutytsch besetzt. Die Soldaten seien in die Stadt eingedrungen und hätten das Krankenhaus besetzt, schrieb der Chef der Militärverwaltung, Oleksandr Pawljuk, auf Telegram. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. In Slawutytsch wohnt das Personal, das früher das AKW Tschernobyl betrieb und jetzt die stillgelegten Anlagen überwacht.
Die Einwohner protestierten den Berichten zufolge gegen die russische Besatzung und entrollten eine große ukrainische Fahne. Russische Soldaten schossen nach diesen Angaben in die Luft, um die Menschen auseinanderzutreiben. Die Sperrzone rund um Tschernobyl ist bereits seit Kriegsbeginn von russischen Truppen besetzt.
Demonstranten in Slawutytsch.
Lage in Mariupol "absolut tragisch"
In der Hafenstadt Mariupol im Süden der Ukraine ist die Lage nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyi weiterhin "absolut tragisch". In einer Videobotschaft in der Nacht warf er Russland vor, Hilfe für Zivilisten in Mariupol zu blockieren.
Angaben aus Moskau zufolge konnten weitere 4000 Zivilisten in Sicherheit gebracht werden. In den vergangenen Wochen sei mehr als 98.000 Menschen ohne ukrainische Hilfe die Flucht aus Mariupol gelungen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.
Frankreich will in Mariupol helfen
Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk sagte im nationalen Fernsehen, dass noch mehr als 100.000 Menschen aus Mariupol gebracht werden müssen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will dabei helfen. Zusammen mit der Türkei und Griechenland will Frankreich Zivilisten aus der Stadt holen. Bei der Planung für die internationale Rettungsaktion gebe es bereits konkrete Gespräche mit dem Bürgermeister sowie eine Abstimmung mit Präsident Selenskyj, sagte Macron. Eine Absprache sei nun auch mit Russland erforderlich, dessen Truppen die Stadt seit Wochen belagern.
Schweres Ringen um die Stadt Cherson
Nach Angaben eines Vertreters des US-Verteidigungsministeriums kämpfen die ukrainischen Streitkräfte darum, die wichtige Stadt Cherson im Süden von den Russen zurückzuerobern. Das russische Militär habe keine so feste Kontrolle mehr über die Stadt wie zuvor, weswegen Cherson nun wieder als "umkämpftes Gebiet" zu bewerten sei.
Cherson sei eine strategisch bedeutende Hafenstadt, sagte der Beamte. Sie liegt am Beginn des Dnipro-Mündungsdeltas. Falls es den Ukrainern gelingen sollte, die Stadt zurückzuerobern, würde das den russischen Angriff auf die nahe umkämpfte Großstadt Mykolajiw erschweren. Zudem würde es eine mögliche Bodenoffensive in Richtung der Hafenstadt Odessa deutlich erschweren.