Staaten unterzeichnen UN-Vertrag "Ein historischer Tag für den Schutz der Meere"
Bislang war die Hochsee ein quasi rechtsfreier Raum. Jahrelang hatten deshalb die UN um ein Schutzabkommen gerungen - und das könnte bald Wirklichkeit werden. Denn fast 70 Staaten unterzeichneten nun einen entsprechenden Vertrag.
Bei den Vereinten Nationen können die Mitgliedsstaaten seit Mittwoch den ersten internationalen Vertrag zum Schutz der Weltmeere unterzeichnen. Gleich am ersten Tag kamen fast 70 Unterschriften zusammen. Damit könnte das UN-Hochseeschutzabkommen bald in Kraft treten.
Deutschland unterschrieb als eines der ersten Länder. An der Zeremonie am Rande der UN-Generaldebatte in New York nahmen Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Außenministerin Annalena Baerbock teil.
Baerbock: Hochsee war bislang rechtsfreier Raum
Baerbock sprach nach der Unterzeichnung von einem "Hoffnungsschimmer für die ganze Welt". Bisher sei die Hohe See de facto ein rechtsfreier Raum gewesen: "Das ändert sich jetzt."
Lemke sprach von einem "historischen Tag für den Schutz der Meere". "Wir sind auf gesunde Meere bei der Bekämpfung der Klimakrise, der Verschmutzungskrise und der Krise des Artenaussterbens angewiesen", erklärte sie.
Bundesregierung will Abkommen schnell ratifizieren
Allerdings muss jedes Land den Vertrag noch im Rahmen eines eigenen Verfahrens ratifizieren. Nach Angaben der Bundesregierung sind dafür 60 Staaten notwendig: Erst wenn die 60. Ratifikationsurkunde hinterlegt wurde, werde das Abkommen 120 Tage danach in Kraft treten.
"Wir werden in Deutschland jetzt alles daran setzen, die Ratifizierung so schnell wie möglich zu machen", sagte Lemke. Da alle demokratischen Parteien im Bundestag hinter dem entsprechenden Gesetz stünden, erwarte sie, dass dies "sehr schnell und im Konsens" geschehen werde.
"Wir sitzen alle im selben Boot", betonte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius in New York der Nachrichtenagentur AFP. Kein Land könne "allein gegen die dreifache globale Krise kämpfen: Verlust der Artenvielfalt, Klimawandel und Umweltverschmutzung", sagte er. Nach Angaben der UN unterzeichneten neben der EU auch die USA, China, Australien, Großbritannien sowie Mexiko.
WWF: "Keine Zeit zu verlieren"
Nach Ansicht des World Wide Fund for Nature (WWF) muss das Abkommen schnellstmöglich in Kraft treten. "Wir haben beim Schutz der Hohen See keine Zeit zu verlieren", sagte Karoline Schacht, Meeresschutzexpertin beim WWF Deutschland, laut einer Mitteilung.
Das Artensterben und der Lebensraumverlust seien auch in den Tiefen der Meere in vollem Gange. "Das Abkommen bietet die einmalige Chance, Rechtslücken zu schließen und dem gnadenlosen Raubbau an den Meeren einen Riegel vorzuschieben", sagte Schacht.
Auch der Übergangschef von Greenpeace International, Mads Christensen, mahnte zur Eile. Er äußerte die Hoffnung, dass das Abkommen bis zur nächsten UN-Meereskonferenz 2025 in Frankreich in Kraft tritt. Der internationalen Gemeinschaft blieben nur noch sieben Jahre, um mindestens 30 Prozent der Meere in Schutzgebiete umzuwandeln.
Im vergangenen Jahr hatten die Staaten bei der UN-Konferenz im kanadischen Montreal das Ziel vereinbart, 30 Prozent der Land- und Meeresgebiete der Erde bis 2030 zu schützen. Das Hochseeabkommen gilt als wichtiges Instrument dafür.
Basis für Ausweisung von Schutzgebieten
Die UN-Mitgliedstaaten hatten sich Anfang März auf das Schutzabkommen geeinigt, im Juni wurde es formell beschlossen. Der Pakt schafft unter anderem die Grundlage für die Ausweisung großer Schutzgebiete auf Hoher See. Auch werden Verfahren festgelegt, um wirtschaftliche Projekte, Expeditionen und andere Aktivitäten in den Meeren auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu prüfen. Zur Hochsee gehören zwei Drittel der Ozeane.
Jahrelang hatten die Mitgliedsstaaten um das Abkommen gerungen: Unter anderem darum, wie künftig festgelegt werden soll, welche Teile der Hochsee als Schutzgebiet definiert werden. Laut dem verabschiedeten Vertrag sollen Schutzgebiete mit einer Dreiviertelmehrheit der Mitgliedstaaten festgelegt werden können. China und Russland hatten jedoch gefordert, dass dies einstimmig geschehen müsse.
Auch wie mögliche Gewinne künftiger wirtschaftlicher Aktivitäten - etwa in der Forschung - gerecht verteilt werden, war ein Hauptknackpunkt der Verhandlungen. Bei dieser Frage rangen die Länder des sogenannten Globalen Südens vor allem mit den führenden Industriestaaten im Norden. Die UN-Mitgliedsstaaten vereinbarten daher einen Mechanismus für Ausgleichszahlungen an ärmere Länder.
Mit Informationen von Peter Mücke, ARD-Studio New York