UN-Sicherheitsrat zu Corona Guterres warnt vor Viren als Waffe
Zum Thema Corona-Pandemie war vom UN-Sicherheitsrat wochenlang nichts zu hören. Bei der ersten Sitzung warnte Generalsekretär Guterres nun vor schweren internationalen Folgen - auch durch Bioterrorismus.
UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einer Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit durch das Coronavirus gewarnt. Er sieht in der Zukunft eine wachsende Gefahr von Angriffen durch Bioterroristen, die zum Ziel haben könnten, neue Pandemien wie die gegenwärtige auszulösen. "Die Schwächen und mangelhafte Vorbereitung, die durch diese Pandemie offengelegt wurden, geben Einblicke darin, wie ein bioterroristischer Angriff aussehen könnte - und erhöhen möglicherweise das Risiko dafür", sagte Guterres bei einer Videokonferenz des UN-Sicherheitsrats.
"Nichtstaatliche Gruppen könnten Zugang zu virulenten Stämmen erhalten, die für Gesellschaften auf der ganzen Welt eine ähnliche Verwüstung bedeuten könnten", warnte er. Die Sorge vor Bioterroristen ist eine von acht Bedrohungen der internationalen Stabilität, die der Generalsekretär wegen der Corona-Krise aufzählte.
Günstige Gelegenheit für Terrorgruppen
Dazu gehörte auch die generelle Gefahr, dass Terrorgruppen die Zeit der Krise ausnutzen könnten, während Regierungen durch die Bewältigung der Pandemie abgelenkt seien. Zudem registrierten die Vereinten Nationen nach seinen Worten Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Covid-19: "Wir sehen Stigmatisierung, Hassreden sowie Rechtsextremisten und andere Radikale, die versuchen, die Situation auszunutzen."
Es war das erste Mal, dass der UN-Sicherheitsrat wegen der Corona-Krise zusammenkam. Zuletzt war Kritik wegen des offensichtlichen Stillstands im mächtigsten UN-Gremium aufgekommen. Umso wichtiger war nun die Einigung auf ein gemeinsames Statement nach der Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Die Mitglieder des Sicherheitsrates drückten ihre Unterstützung für Guterres' Anstrengungen angesichts der Pandemie aus und erinnerten "an die Einheit und Solidarität mit allen Betroffenen".
China sorgt sich um Schuldzuweisungen
"Es gab einen starken Ruf nach Einheit unter diesen sehr außergewöhnlichen Umständen", berichtete der belgische UN-Botschafter Marc Pecsteen. Dabei ging es vor allem um Guterres' Forderung nach einem globalen Waffenstillstand. Diplomaten sagten, dass es entgegen anfänglicher Befürchtungen keine Politisierung der Krise bei dem Treffen gab.
Alle diplomatischen Bemühungen im Sicherheitsrat leiden derzeit unter Spannungen wegen der Sorge Chinas vor Schuldzuweisungen. US-Präsident Donald Trump hatte wiederholt von einem "chinesischen Virus" gesprochen und damit Peking verärgert.
Ein Treffen des 15-köpfigen Sicherheitsrats zur Bedrohung durch das Coronavirus wurde über Wochen verschleppt, weil die ständigen Mitglieder USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich einen eigenen - nun gescheiterten - Gipfel ihrer Staats- und Regierungschefs geplant hatten. Dieser sollte einem Treffen in großer Runde im Rat vorgezogen werden, das die meisten gewählten Mitglieder - darunter Deutschland - forderten.
"Ohrenbetäubende Stille" des Sicherheitsrates
Deutschlands UN-Botschafter Christoph Heusgen kritisierte die bisherige "ohrenbetäubende Stille" des Sicherheitsrates deutlich. Anders als bei der Finanzkrise 2008 kämen "Führung und Macht" international bisher nicht zusammen.
Zudem wird im UN-Sicherheitsrat an zwei konkurrierenden Resolutionen zu Covid-19 gearbeitet. Ein Text wird unter Führung Frankreichs nur unter den fünf Vetomächten verhandelt. Als Antwort darauf begannen die restlichen zehn Mitglieder mit der Arbeit an einer eigenen Resolution. Belgiens Botschafter Pecsteen zufolge könnten sich die beiden Seiten in der kommenden Woche bei diesem Thema annähern.