Post aus Budapest Streit um Ungarns Mediengesetz beendet
Lange hatte Ministerpräsident Orban für das Gesetz gekämpft. Kritik daran wehrte er heftig ab. Dann hatte er aber doch Änderungen vorgeschlagen. Diese Vorschläge hat die EU-Kommission jetzt akzeptiert.
Die ungarische Regierung sei bereit, ausländische Medienkonzerne von Geldbußen zu befreien, so die EU-Kommission Außerdem soll es keinen Zwang mehr zur Registrierung geben.
Von Karla Engelhard, ARD-Hörfunkstudio Wien
Für Brüssel war es Post aus Budapest: Die schriftlichen Änderungsvorschläge zum umstrittenen Mediengesetz. Für Budapest war es ein Sieg, den Ministerpräsident Viktor Orban vor dem ungarischen Parlament so verkündete: "Die Regierung hat diesen Angriff abgewehrt. Wir haben die Argumente der Angreifer lächerlich gemacht, die den Ungarn zustehende Ehre und Achtung eingefordert und Unverletzbarkeit unserer Selbstachtung demonstriert."
Die internationale Kritik am Mediengesetz sei mit den ungarischen Vorschlägen entkräftet, so Orban. Außerdem sei Brüssel nicht Moskau - in Anspielung auf die vor 1990 herrschende Hegemonie der Sowjetunion über den Ostblock.
Eine Attacke gegen das ungarische Volk?
Das sei ein typischer Auftritt des Regierungschefs, der derzeit auch in der Europäischen Union die Ratspräsidentschaft Ungarns vertritt, meint der ungarische Politologe Andras Biro Nagy: "Orban nutzt solche Anlässe, wie das Mediengesetz, um seinen Wählern zu beweisen, wie er die ungarischen Interessen verteidigt, wie entschlossen er in der internationalen Arena für Ungarn eintritt und sich gegen jeden Angriff stellt. Die Kritik am Mediengesetz stellt er nicht als Angriff auf das Gesetz da, sondern als Attacke gegen das ungarische Volk, die ungarische Nation."
Die Kritik am Mediengesetz
Die EU-Kommission hatte drei Punkte des Mediengesetzes der rechtsnationalen Regierung in Budapest beanstandet und ein Ultimatum gestellt. Dabei ging es vor allem um die Umsetzung der europäischen Richtlinien für audiovisuelle Medien. Die Kritik: Zu strikte Kontrolle und Gängelung ausländischer Medien, eine zu schwammige Formulierung, was "ausgewogene" Berichterstattung sein soll und die viel zu hohen Anforderungen für eine Registrierung der elektronischen Medien - die beispielsweise auch Internet-Blogger einbezieht.
Zugleich betonte die EU-Kommission nochmals, dass sie zur Überprüfung der ungarischen Medienbehörde keine Rechtgrundlage habe, weil die EU-Richtlinie zwar Unabhängigkeit vorschreibe, aber dafür keine Kriterien kenne.
Der Medienkontrollrat in Ungarn besteht fast ausschließlich aus Vertretern von Orbans rechtsnationaler Partei Fidesz, die im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit hat.
Die EU-Kommission will nun eine Liste über die Medienbehörden der Länder der europäischen Union zusammenstellen lassen, um herauszufinden, ob diese politische "Einseitigkeit" ein Einzelfall in Europa ist oder nicht.
"Stierblut" mit ein bisschen Dioxin?
Kritiker sehen in dem - seit Januar geltenden - ungarischen Mediengesetz ein Instrument der Zensur. Für die ungarische Regierung und deren Unterstützer ist es ein Gesetz, das im Wesentlichen europäischen Normen entspricht. Der ungarische Publizist György Dalos meint dazu: "Es stimmt. Das Gesetz entspricht im Groben den europäischen Normen. Aber es gibt Teile des Gesetzes, die nicht notwendig sind. Das ist so, als hätte man den weltweit bekannten Wein 'Stierblut' angeboten und ein bisschen Dioxin wäre drin."