Interview

Iran-Konflikt "Trump handelt nicht unberechenbar"

Stand: 21.06.2019 22:51 Uhr

Hat US-Präsident Trump einen Plan im Umgang mit dem Iran? Ja, sagt Ex-Vize-Außenminister Kimmitt im Interview. Trump verfolge eine Strategie und handele richtig.

tagesschau.de: Wie bewerten Sie die Entscheidung von Präsident Donald Trump, einen bereits geplanten Militärschlag gegen den Iran wieder abzusagen? 

Mark Kimmitt: Ich glaube, er hat damit die richtige Entscheidung getroffen. Den USA wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, sich wie ein Cowboy zu verhalten und überzureagieren, insbesondere im Nahen Osten. Jetzt zeigt Trump eigentlich eine Politik der Zurückhaltung. Er erkennt wohl, dass, wenn er angreifen will, er dies auch morgen noch tun kann. Es gibt keinen Grund zur Eile.

Zur Person
Mark Kimmitt ist ehemaliger US-Brigadegeneral. Er nahm an den Kriegen in Bosnien, im Kosovo und im Irak teil. Unter George W. Bush war Kimmitt Unterabteilungsleiter im Außenministerium und unter anderem stellvertretender Leiter des Verteidigungsministeriums. Dort war er für den Bereich "Mittlerer Osten" zuständig.

tagesschau.de: Ist der Präsident gegenüber dem Iran unberechenbar oder verfolgt er eine konsequente Strategie?

Kimmitt: Er handelt nicht unberechenbar. Schon in seinem Wahlkampf hat er gesagt, dass er sich aus den Kriegen im Mittleren Osten zurückziehen will. Das hat er mit der Reduzierung der Truppen im Irak, in Afghanistan und in Syrien getan. Ich denke, er verfolgt seine Ansichten konsequent.

tagesschau.de: Wirkt Trump durch die kurzfristige Absage des Militärschlags nicht unentschlossen?

Kimmitt: Wenn ein Staatschef erkennt, dass er bis zur letzten Minuten entscheiden kann, einen Krieg anzufangen und sich dann doch dagegen entscheidet, dann ist das bewundernswert.

Am Ende entscheidet der Präsident

tagesschau.de: Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton gilt als Befürworter eines Krieges. Die Demokraten im Kongress mahnen zur Zurückhaltung. Auf wen hört der Präsident?  

Kimmitt: Ich denke, er hört seinen Beratern aufmerksam zu. Sowohl denen im Sicherheitsrat, als auch denen im Außenministerium und im Kongress. Letztendlich ist es aber so: Der frühere Präsident Harry Truman hatte ein Schild auf seinem Schreibtisch stehen auf dem stand: "Hier hört das Abwälzen der Verantwortung auf." Er konnte zwar den ganzen Tag Ratschlägen zuhören, schlussendlich aber muss er die Entscheidung treffen.

tagesschau.de: Könnte ein Krieg mit dem Iran dem Präsidentschaftswahlkampf von Trump nutzen?

Kimmitt: Nein. Ich denke, ein Konflikt würde seinem Wahlkampf sogar schaden. Mein Eindruck ist eher, dass der Iran Trump zu einem Krieg zu provozieren versucht, damit er die Wahl verliert. Im Iran glaubt man offenbar, dass man mit einem Demokraten im Weißen Haus leichter verhandeln könne.  

Sanktionen werden wenig verändern

tagesschau.de: Werden die Sanktionen das Verhalten des Iran ändern?

Kimmitt: Ich glaube nicht, dass der Iran sein Verhalten ändern wird. Schauen Sie nach Venezuela, Kuba oder Nordkorea. Auch dort hat sich nichts geändert, die Haltung der jeweiligen Regierungen hat sich noch verhärtet. Ich würde gerne glauben, dass die Iraner sich logisch und intelligent verhalten, aber ich befürchte, das tun sie nicht.  

tagesschau.de: Welche Optionen haben die USA denn noch?

Kimmitt: Ich denke, die Regierung wird weiterhin maximalen Druck ausüben - eine Kombination aus wirtschaftlichen Sanktionen und Diplomatie. Das alles in der Absicht, die Iraner an den Verhandlungstisch zu bringen. Natürlich haben wir auch militärische oder Cyber-Optionen. Dem Präsidenten stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung. Ich hoffe nur, dass er sie passend und ausbalanciert verwendet.

tagesschau.de: Für wie wahrscheinlich halten Sie einen Militärschlag der USA?

Kimmitt: Ich würde sagen, es ist unvorhersehbar. Wir werden sehen.

Das Interview führte Jan Philipp Burgard, ARD-Studio Washington

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 21. Juni 2019 um 21:45 Uhr.