US-Repräsentantenhaus Die Republikaner im Chaos
Bei der Wahl zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses ist der republikanische Kandidat McCarthy krachend gescheitert. Nach drei Durchgängen ohne Ergebnis wurde die Sitzung auf heute Mittag vertagt.
Das hat es im US-Repräsentantenhaus seit 100 Jahren nicht mehr gegeben: Der Kandidat der Mehrheitspartei für den Sprecherposten ist im ersten Wahlgang gescheitert. "Es wurde kein Sprecher gewählt", sagte die geschäftsführende Vorsitzende nach der Abstimmung.
Eigentlich sollte es für Kevin McCarthy der bisherige Karrierehöhepunkt werden. Im Vorfeld hatte der 57-jährige Republikaner betont: "Es könnte zu einem Kampf im Plenum kommen. Aber es ist ein Kampf für die Fraktion und für das Land."
20 Gegenstimmen im dritten Wahlgang
McCarthy gab sich entschlossen, so oft abstimmen zu lassen, bis er die Mehrheit erreicht hat. Doch die ersten drei Abstimmungsrunden wurden für ihn zum Desaster. 19 Rebellen aus den eigenen Reihen, mehr als erwartet, verweigerten ihm im ersten und zweiten Wahlgang die Stimme. Im dritten Wahlgang stieg die Zahl der Gegenstimmen auf 20 an. Letzter Ausweg: Sitzungsunterbrechung, für die die Abgeordneten schließlich auch am frühen Abend stimmten - Unterbrechung bis zwölf Uhr mittags.
Wie es nun weitergeht, ist offen. Fest steht: Die Republikaner sind zerrissen. Für die Rebellen am rechten Rand der Partei macht McCarthy nicht entschlossen genug gegen Präsident Joe Bidens Demokraten Front. McCarthy-Gegner Matt Gaetz sagte im Fernsehsender PBS: "Wenn man den Sumpf austrocknen will, kann man damit nicht den größten Alligator beauftragen."
Die McCarthy-Unterstützerin Lisa McClain äußerte dagegen: "Ich denke, was Kevin tun wird, ist, mit den Parteimitgliedern, die nicht für ihn gestimmt haben, zu verhandeln. Er wird sie fragen, was sie brauchen, um sie zu einem Ja zu bewegen." Allerdings hat McCarthy solche Verhandlungen schon in den vergangenen Wochen geführt - am Ende erfolglos.
Mehrere Alternativkandidaten
Der frühere republikanische Abgeordnete Charlie Dent sagte bei CNN, McCarthy müsse für einen anderen Republikaner Platz machen: "Das muss von seinen Unterstützern kommen. Sie müssen ihn überzeugen, zurückzuziehen. Das könnte aber einige Tage dauern."
Als Alternativkandidat im Gespräch ist etwa Jim Jordan, ein Hardliner und Anhänger des Ex-Präsidenten Donald Trump. Als etwas aussichtsreicher gilt Steve Scalise, bisher hinter McCarthy die Nummer zwei in der Fraktion.
"Es ist einfach Chaos"
Der künftige Sprecher des Repräsentantenhauses ist in der Rangfolge der Macht in den USA formal die Nummer drei, nach Präsident und Vizepräsidentin. Ohne neuen Sprecher ist das Repräsentantenhaus nicht arbeitsfähig, erst nach erfolgreicher Wahl können Abgeordnete vereidigt und Ausschussvorsitzende benannt werden.
Der demokratische Abgeordnete Daniel Goldman beschreibt die Lage im Sender MSNBC so: "Es ist einfach Chaos. Es spricht gegen jede Kompromiss- und Regierungsfähigkeit der Republikaner. Sie werden im künftigen Kongress von den Extremisten in ihrer Partei getrieben sein."