US-Waffenlobby äußert sich zu Massaker von Newtown Mit noch mehr Waffen gegen Waffen
Die Waffenlobby in den USA hat sich für mehr bewaffnetes Sicherheitspersonal an Schulen ausgesprochen. Eine Woche nach dem Amoklauf an einer Grundschule sagte NRA-Vizechef LaPierre, Waffen seien der beste Schutz für die Kinder. Schuld an der Zunahme der Gewalt sei Hollywood.
Von Martin Ganslmeier, NDR-Hörfunkstudio Washington
Wer gedacht hätte, die mächtige Waffenlobby würde sich genau eine Woche nach dem Massaker mit ihrer ersten Stellungnahme zurückhaltend verhalten, sah sich getäuscht. Wie die meisten Amerikaner sei auch die NRA über das Massaker schockiert gewesen, begann Vizepräsident Wayne LaPierre noch relativ einfühlsam.
Doch dann ging er direkt in die Offensive: Was Amerika jetzt dringend brauche, sei ein nationales Schutzprogramm für alle Schulen - einen "National School Shield". "Ich rufe heute den Kongress dazu auf, sofort alle nötigen Mittel bereitzustellen, damit es bewaffnete Polizeikräfte an allen Schulen in unserer Nation gibt", sagte er bei der Pressekonferenz.
NRA: Massaker soll für politische Ziele missbraucht werden
Politiker und Medien hätten in den vergangenen Tagen versucht, das Massaker für ihre politischen Ziele zu missbrauchen, kritisierte der Vizepräsident der Waffenlobby. Vorschläge für strengere Waffengesetze bezeichnete LaPierre als "unehrliches Denken". Nur die NRA sei mutig genug, die Wahrheit auszusprechen: "Das Einzige, was einen schlimmen Typen mit einem Gewehr stoppt, ist ein guter Typ mit einem Gewehr!"
Damit möglichst schon nach den Weihnachtsferien alle Schulen Amerikas durch bewaffnete Polizei- oder Sicherheitskräfte geschützt werden, stehe die NRA mit ihren vier Millionen Mitgliedern für freiwillige Einsätze und Schulungen bereit. Zugleich präsentierte LaPierre einen früheren republikanischen Abgeordneten, der das nationale Schutzprogramm für Schulen leiten soll. Tatsächlich gibt es im Bundesstaat Texas seit einigen Jahren Modellversuche an Schulen mit bewaffneten Lehrern und Wachleuten. Fünf Bundesstaaten im Süden und Mittleren Westen prüfen derzeit, ob sie dies ebenfalls einführen.
Kritik an Hollywood und Medienindustrie
Heftige Kritik übte die NRA an Hollywoods Filmindustrie. Dort würden blutrünstige Filme und Videos hergestellt, die Amokläufern als Vorbild dienten. Auch die liberalen Medien tadelte LaPierre: "Anstatt sich den eigenen moralischen Verfehlungen zu stellen, dämonisieren die Medien die Besitzer von Waffen."
Die Pressekonferenz wurde zweimal von wütenden Protesten unterbrochen. Demonstranten hielten Plakate hoch, auf denen stand "Die NRA hat Blut an den Händen - Stoppt den Verkauf von Sturmgewehren!" Auf diese Proteste ging LaPierre nicht ein. Auch Fragen von Journalisten ließ er nicht zu. Erst ab Montag stehe er für Nachfragen zur Verfügung.
Schweigeminute für die Opfer
Der harsche Auftritt von Amerikas Waffenlobby zeigt die gegenläufigen Tendenzen, die es nach dem Massaker von Newtown in Amerika gibt: Überall im Lande gedachten die Menschen um 9:30 Uhr Ortszeit mit Schweigeminuten der 26 Opfer, die genau vor einer Woche ums Leben kamen. In Hartford, der Hauptstadt von Connecticut, wurde an jedes der Opfer mit einem Glockenschlag erinnert.
Doch gleichzeitig erlebten die Waffengeschäfte vor allem im Süden und Mittleren Westen des Landes einen Ansturm. Viele waffenbegeisterte Amerikaner wollen sich offensichtlich noch eindecken, bevor strengere Waffengesetze in Kraft treten. Im Bundesstaat Ohio gelten ausgerechnet seit heute weniger strikte Waffengesetze, für die sich der republikanische Gouverneur seit Monaten eingesetzt hatte. Die Mehrheit der US-Bürger ist nach Umfragen aber für eine Verschärfung der Waffengesetze.