US-Wahl 2024

Tim Walz
Porträt

Tim Walz Einer für die zögernden, weißen Männer

Stand: 02.11.2024 05:13 Uhr

Bodenständiger Mann aus dem Mittleren Westen: Damit ist schon viel über die Eigenschaften gesagt, die für Walz sprachen, als Harris einen Kandidaten für den Vizepräsidenten suchte. Kann er Zugang zu einer schwierigen Wählerschicht verschaffen?

Tim Walz strahlt über das ganze Gesicht, als er die Wahlkampfbühne in Omaha im Bundestaat Nebraska betritt. Ein Heimspiel für den 60-Jährigen, der in "Small-Town-America", im 400-Seelen-Dorf Butte in Nebraska aufgewachsen ist.

Seitdem Kamala Harris ihn Anfang August als "running mate", also ihren Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, gewählt hat, hat sich das Leben des Gouverneurs von Minnesota dramatisch verändert. Bis dahin war der frühere Nationalgardist, High-School-Lehrer und Football-Coach für die meisten US-Amerikaner außerhalb seines Bundesstaats schlicht ein "Nobody".

Nun hat Walz einen Auftritt nach dem anderen und hat in den letzten Wochen unermüdlich Wahlkampf für Harris gemacht. Er gilt als einer, der die Sprache des Volkes spricht: grundehrlich, bodenständig und unprätentiös. Manche US-Medien schwärmen von seiner "Big-Daddy-Energy", der Energie eines Papas, irgendwas zwischen liebevollem Kümmerer und verantwortungsvoller Vaterfigur.

Ein Kontrast zu J.D. Vance

Walz ist zudem ein Familienmensch durch und durch. Das wurde bei seiner Antrittsrede beim Parteitag der Demokraten in Chicago deutlich. Damals brach sein 17-jähriger Sohn Gus vor Stolz auf seinen Vater in Tränen aus. "Hope, Gus and Gwen - ihr seid meine ganze Welt und ich liebe euch", rief Walz damals an die Adresse seiner Kinder und Ehefrau ins Publikum.

Seine freundliche Art steht im krassen Gegensatz zu seinem Konkurrenten auf republikanischer Seite, dem erzkonservativen J.D. Vance. Beim TV-Duell der beiden unterlag Walz, was Scharfzüngigkeit und Eloquenz anging. In puncto Authentizität hatte jedoch Walz in Umfragen die Nase vorn.

Außenpolitisch ohne Erfahrung

Politisch steht der joviale Politiker mit dem weißen Haarkranz weiter links als Harris. So setzt er sich zum Beispiel dafür ein, den Mindestlohn zu erhöhen, Arbeiterrechte zu stärken und Treibhausgase zu senken.

Außenpolitisch hingegen ist Walz völlig unerfahren, Kritiker werfen ihm zudem ungenaue Wortwahl und zu große Schnoddrigkeit vor.

Doch vermutlich hat ihn Harris deswegen ausgesucht: Walz soll die unentschlossenen weißen Männer überzeugen, diejenigen, die einer schwarzen Frau aus Kalifornien das Präsidentenamt nicht zutrauen.

Gelänge es Tim Walz, nur ein paar tausend Wähler in Swing States wie Wisconsin oder Michigan zu mobilisieren, könnte das Harris die Präsidentschaft sichern.

 

Claudia Sarre, ARD Washington, tagesschau, 28.10.2024 01:00 Uhr