US-Wahl 2024
US-Wahl 2024 Wie Trump und Harris Auftritte in Podcasts nutzen
Die traditionellen Medien haben an Bedeutung verloren. Zwar unterstützen CNN und Fox News immer noch offen "ihre" Kandidaten. Trump und Harris aber inszenieren sich auch dort, wo die jüngeren, unpolitischen Amerikaner unterwegs sind.
Ende Oktober im Podcast von Joe Rogan. Ob Donald Trump eine Narbe am Ohr habe, von der Kugel, will Rogan wissen. Genau hier, Trump zeigt auf die Stelle, da sei sie langgezischt. Der Gastgeber ist beeindruckt. Das sei aber verdammt gut geheilt.
Mehr als 44 Millionen Aufrufe
Rogan, 57 Jahre alt, gehört zu den erfolgreichsten Podcastern der USA, vor allem beliebt bei jungen Männern. Trump nahm sich mitten im Wahlkampf drei Stunden lang die Zeit, bei Rogan im Studio zu sitzen und zu erzählen.
Es ging um das Attentat, um Trumps Lieblingssportart Wrestling, um die Medien und die Umwelt, sehr freundlich, wenig kontrovers und lohnenswert für Gast und Gastgeber: Bei Youtube ist das Video der Podcast-Folge mehr als 44 Millionen Mal angeklickt worden - etwas, das im klassischen Fernsehen nicht annähernd zu erreichen ist.
Unkonventionelle Zielgruppen
Und es ist nicht nur die Menge an Nutzern, die digitale Plattformen wie Podcasts so attraktiv machen. "Sie sind in der Lage, das zusammenzubringen, was früher ziemlich esoterische, manchmal recht seltsame Ideen gewesen wären, die vor dem Internetzeitalter in stiller Isolation voneinander existiert hätten", sagt Steven Livingston, Professor für Politikwissenschaften an der George Washington University.
Dank Internet stellten alle diese Menschen nun fest, dass sie keinesfalls schräg und allein seien, so Livingston. Und das könnten die Politiker nutzen. Wichtige Wählergruppen kämen online zusammen. Sie seien für den Kandidaten verfügbar, der Kandidat sei für sie erreichbar. "Es ist also eine starke Verstärkungsschleife", so Livingston.
Das Video vom Auftritt von Kamala Harris im Podcast von Alex Cooper wurde "nur" 750.000 Mal abgerufen - sie konnte dadurch aber eine für sie besonders wichtige Zielgruppe erreichen.
Podcasts haben mit klassischem Journalismus oft wenig gemein. Es geht nicht um kontroverse Fragen oder Schlagzeilen, so wie man es in einem Nachrichtenprogramm wie CNN oder Fox News erwarten würde. Stattdessen fragen die Gastgeber das, was sie und ihre Kundschaft interessiert, so wie etwa Alex Cooper in ihrem Podcast "Call Her Daddy".
"Ihr Gegner hat Sie verrückt, schwach, falsch und dumm genannt. Was macht das mit Ihnen?" wollte Cooper vor ein paar Wochen von Kamala Harris wissen. Es sei wichtig, dass man sich nicht von anderen Leuten definieren lasse, sagte Harris.
Das Video wurde zwar "nur" etwa 750.000 Mal aufgerufen, aber womöglich von einer für Harris wichtigen Zielgruppe: jungen Frauen, die sich eher nicht für Politik interessieren.
Klassische Medien weiter wichtig
Aber ist 2024 deshalb schon die "Podcast-Wahl", wie einzelne Experten behaupten? Für Harris und Trump sicher nicht. Beide geben den klassischen Medien weiterhin mehr Interviews, Trump noch häufiger als seine Kontrahentin.
Er allerdings lehnte eine Einladung des liberalen Sender CBS ab, während Harris sich entschloss, beim konservativen Sender Fox News Rede und Antwort zu stehen. Es dauerte aber etwas, bis sie zu Wort kam. Womöglich hat ihr das keine einzige Stimme gebracht - aber über sechs Millionen Aufrufe.
Harris konnte zeigen, dass sie nicht kneift, wichtig für eine Kandidatin, die vielen Amerikanerinnen und Amerikanern noch unbekannt ist.
Klassische Medien spielen im Wahlkampf also weiter eine Rolle, aber um gezielt auch neue Wählergruppen zu erreichen, führt an Podcasts kein Weg vorbei.