Juncker zur EU-Reform Kreise statt harter Kern
Brexit, europafeindlicher Populismus und externe Gefahren wie Trump und Putin - die EU will den drängenden Problemen mit einem Reformprogramm begegnen. Kommissionspräsident Juncker hat nun durchblicken lassen, was darin stehen wird.
Angekündigt hatte es die EU-Kommission schon lange: ein Weißbuch zur Zukunft der Europäischen Union, ein Strategiepapier als Wegweiser für Europas Reformdebatte. Spätestens zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge Ende März soll es auf dem Tisch liegen.
Seit Wochen fiebern die Medien im Brüsseler Europaviertel diesem Weißbuch entgegen - so sehr, dass einige schon genervt fragen: Kommt es denn überhaupt noch? Junckers Chefsprecher Margaritis Schinas reagiert: "Die, die glauben, er würde kein Weißbuch vorlegen, sollten sich schon mal darauf vorbereiten, es zu lesen."
Juncker will Europa der konzentrischen Kreise
Und das wohl schon sehr bald. Bei einer Veranstaltung im belgischen Louvain-la-Neuve kündigte Juncker an: Das Weißbuch kommt "wahrscheinlich nächste Woche". Einen zentralen Reformvorschlag verriet Juncker schon jetzt: Das Europa der zwei Geschwindigkeiten. Schließlich sei es "nicht mehr zeitgemäß, dass alle dasselbe zusammen tun".
Junckers Idee: EU-Länder, die in bestimmten Bereichen stärker kooperieren wollen, tun sich zusammen - während die, die das nicht möchten, außen vor bleiben können. Wie viele zusammenarbeiten und wobei, könne variieren, so Juncker. "Europa ist eine einzigartige Konstruktion, die einen Kern haben wird. Ich bin aber kein Verfechter eines harten Kerns. Ich glaube man muss sich den Kontinent eher in konzentrischen Kreisen vorstellen."
Themenspezifische Allianzen
Sprich: Nicht ein Kerneuropa könnte es geben, sondern mehrere - je nachdem, ob es um Währungspolitik, Sicherheit oder andere Themen geht, was ganz im Sinne von Bundeskanzlerin Angela Merkel wäre. Denn die hatte schon vor ein paar Wochen beim Gipfel in Malta klargestellt, wie sie die EU in der Zukunft sieht: "Dass es auch eine EU mit verschiedenen Geschwindigkeiten geben wird, dass nicht alle an den gleichen Integrationsstufen teilnehmen werden."
Keine wirklich neue Ideen
Also so, wie es aktuell ja schon beim Euro der Fall ist. Oder dem Schengenraum. Oder der geplanten Verteidigungsunion. Und auch der Aufnahme von Flüchtlingen - wobei hier eigentlich alle EU-Länder mitmachen sollen. Es klappt nur nicht.
Was Juncker vorschwebt, ist also nicht neu oder radikal, sondern eher der Kniefall vor der politischen Realität in der EU: Die Zeit, in der Europa zusammen vorankommen will, ist aus Sicht der EU-Kommission und auch den Mitgliedsländern offenbar vorbei. Das soll jetzt schwarz auf weiß besiegelt werden.