Europawahl 2024
AfD in EKR-Fraktion aufgenommen Luckes Platz in Brüssel
Zusammen mit seinen sechs AfD-Kollegen hat sich Bernd Lucke im Europaparlament der rechtskonservativen EKR-Fraktion angeschlossen. Dass die Aufnahme nicht ohne Probleme verlief, dafür macht Lucke auch die Kanzlerin verantwortlich.
Die sieben AfD-Abgeordneten im neuen Europäischen Parlament haben ihre Wunschpartner gefunden: die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR). "Ja, das ist sicherlich die Fraktion, der wir hier am nächsten stehen, weil es die Fraktion ist, die die Europäische Union reformieren will", freut sich Parteichef Bernd Lucke. "Wir glauben, dass die EU schlanker werden muss, dass Kompetenzen wieder zurück verlagert werden müssen in die Mitgliedsstaaten, dass dieser Trend zu immer mehr Zentralismus in der EU gestoppt werden muss." Keine andere Fraktion vertrete diese Ziele so glaubwürdig wie die EKR.
Widerstand von Merkel?
Aber es war lange alles andere als sicher, dass die von den britischen Tories vor fünf Jahren gegründete Parlamentsgruppe die AfD auch tatsächlich aufnehmen würde. Mehrmals wurde die Abstimmung verschoben. Lucke vermutet dahinter Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Es gab eben den massiven Druck der beiden Parteiführungen, der Konservativen in England und der polnischen PiS, der wiederum augenscheinlich auf Druck der deutschen Bundesregierung zurückzuführen ist", sagt Lucke. "Ich finde sehr positiv, dass die Parlamentarier sich diesem Druck verweigert haben und einfach so entschieden haben, wie sie das selbst für richtig halten."
Die Abstimmung war geheim, aber Lucke berichtet von einer komfortablen Mehrheit für die Aufnahme. Ein Sprecher des britischen Premiers und Tory-Chefs Cameron äußerte sich enttäuscht über den Ausgang der Abstimmung. Cameron habe die Aufnahme der AfD nicht unterstützt. Cameron will es sich mit der Bundeskanzlerin, die eine Zusammenarbeit mit der AfD ausdrücklich ablehnt, nicht verscherzen. Er braucht die Kooperation Merkels, um Reformen in der EU in seinem Sinne durchzusetzen und auch um Jean-Claude Juncker, den erfolgreichen Spitzenkandidaten der Konservativen und Christdemokraten, als neuen EU-Kommissionspräsidenten zu verhindern.
EVP bleibt gelassen
Die EKR ist mit dem Beitritt der AfD-Leute zur drittstärksten Fraktion im Europaparlament geworden. 64 Abgeordnete gehören der Gruppe an - neben den Tories und der Partei der polnischen Kaczynski-Brüder auch umstrittene rechtspopulistische Parteien wie die "Dänische Volkspartei" und die "Wahren Finnen". Von denen einige Abgeordnete - so der Vorwurf von Liberalen und Grünen an Luckes Adresse - wegen rassistischer Äußerungen vorbestraft seien. "Das habe ich noch nie gehört", sagte Lucke. "Das ist mir überhaupt nicht bekannt, das kann ich weder bestätigen noch dementieren." Obwohl die rechtskonservative EKR nun gestärkt aus den Wahlen und der Fraktionsbildung hervorgeht, bleiben die pro-europäischen Parteien gelassen.
Manfred Weber, der neue Chef der größten Fraktion - der konservativen EVP - hält das Zusammengehen von AfD und EKR für bedeutungslos. Besonders, "weil wir in der EVP-Fraktion eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten anstreben, um hier stabile Mehrheiten zu organisieren". Also eine große Koalition auch in Brüssel und Straßburg.
Umzug nach Brüssel
Lucke sieht seine EKR auch als größte Oppositionskraft. Konstruktiv in die Parlamentsarbeit einbringen will er sich trotzdem. Nur pro forma in Brüssel eingeschrieben sein und weiter vor allem bundespolitisch unterwegs sein - das komme für ihn nicht in Frage. "Ich werde dieses Mandat natürlich mit voller Kraft wahrnehmen. Ich will das also auch klar machen, dass meine Verpflichtung dem Europäischen Parlament gilt. Ich tanze da nicht auf mehreren Hochzeiten", sagt Lucke. Sein nächster Schritt steht auch schon fest: Umziehen nach Brüssel.