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Europawahl 2024

Terry Reintke und Bas Eickhout.
Europawahl

Die Europäischen Grünen Nicht mehr die Zeit für grüne Kernthemen?

Stand: 22.05.2024 15:21 Uhr

Während die europäischen Grünen maßgeblich an der Gesetzgebung zum Umweltschutz mitarbeiteten, konnten sie die neuen Asylregeln nicht verhindern. Mit den Wahlen könnte nun der Verlust von mehr als einem Drittel der Sitze kommen.

Als die Grünen vor fünf Jahren ins neue EU-Parlament einzogen, kamen sie mit einem kraftvollen Mandat: 20,5 Prozent der Stimmen hatten sie in Zeiten von Klimathemen, Fridays for Future und Greta Thunberg in Deutschland geholt.

Damit wurden sie hinter der Union und deutlich vor der SPD zweitstärkste deutsche Kraft in der europäischen Volksvertretung. Entsprechend selbstbewusst ging die Partei nach Brüssel und arbeitete dort kräftig mit am "Green Deal" der Europäischen Kommission.

"Wenn Sie sich mal anschauen, was die Kommission in den letzten viereinhalb Jahren hier so vorgeschlagen und wir dann umgesetzt haben, da ist schon sehr viel vom grünen Wahlprogramm mit dabei", erklärte Fraktionsvorsitzende Terry Reintke Anfang des Jahres im Gespräch mit dem ARD-Studio Brüssel. Zusammen mit dem Niederländer Bas Eickhout ist die Deutsche auch Spitzenkandidatin der europäischen Grünen.

Rüstung als "urgrünes Thema"

Aber die Zeiten sind jetzt andere. Jetzt geht es um Krieg und Frieden, um Milliarden für die Rüstung. Dass die klassischen grünen Themen damit unter die Räder geraten, findet Sergey Lagodinsky nicht.

Er steht auf Platz zwei der Kandidatenliste der deutschen Grünen für Europa und ist seit fünf Jahren im EU-Parlament. "Erstens sind die Themen, bei denen es um Rüstung geht, eigentlich Friedensthemen", sagt Lagodinsky, insofern betrachte er das als ein "urgrünes Thema".

Und da das Thema Klima weiter von globaler Bedeutung sei, vor allem für künftige Generationen, sei es auch für die europäischen Grünen weiter wichtig. Daher steht der Klimaschutz auch gleich am Anfang des umfangreichen Europawahlprogramms der Grünen.

Längstes Programm aller großen Parteien

"Was uns schützt" lautet der Titel dieses Programms, 113 Seiten umfasst es - das ist so viel wie bei keiner anderen der großen Parteien. Geschützt werden sollen neben Klima und Umwelt auch Wohlstand, soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit.

Zu den Vorhaben gehört eine "Infrastrukturunion" aus Solaranlagen und Windparks, Wasserstoffnetzen und Glasfaserleitungen, Stromtrassen und Schienen sowie gute Krankenhäuser und Schulen. Die Grünen sind für die Erweiterung der EU sowie für Reformen. So soll weniger oft das Einstimmigkeitsprinzip gelten.

In der Agrarpolitik wollen sie an Stelle der heute üblichen Pauschalprämien deutlich stärker ökologische Maßstäbe anlegen. Bis 2030 soll die ökologische Landwirtschaft einen Anteil von 25 Prozent erreicht haben. Außerdem setzen sich die Grünen für "ein schnellstmögliches Glyphosatverbot in der EU" ein. Die Zulassung des Pestizids war erst kürzlich von der Kommission überraschend verlängert worden.

In der Asylpolitik lagen die Grünen in Berlin und die Grünen in Brüssel zuletzt klar auseinander: In der Bundesregierung unterstützten sie den europäischen Kompromiss, im europäischen Parlament stimmten sie dagegen.

Das Paket kam durch - und das müsse man akzeptieren, sagt Lagodinsky. Nun sei es aber wichtig, Nichtregierungsorganisationen zu stärken, die die Einhaltung der Grundrechte bei der Umsetzung der neuen Asylregeln beobachten. Diese Organisationen wiederum dürften nicht kriminalisiert werden - "so wie zuletzt die Seenotrettung".

72 Abgeordnete zählte die gesamte grüne Fraktion im Europaparlament zuletzt. Den Prognosen für die bevorstehende Wahl zufolge muss sie aber deutliche Verluste befürchten: Auf 40 bis höchstens 50 Sitze würde sie beim derzeitigen Stand der Umfragen noch kommen, gut ein Drittel davon weiterhin aus Deutschland.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. Mai 2024 um 11:45 Uhr.