Europawahl 2024
Rassemblement National Warum Le Pens Partei mit der AfD bricht
Der Rassemblement National hat endgültig die Geduld mit der AfD verloren. Dass Frankreichs Rechtsnationale die Kooperation aufgekündigt haben, überrascht Politikwissenschaftler nicht. Dahinter stecke ein bestimmtes Kalkül.
Aus Sicht des Rassemblement National (RN) hat die SS-Verharmlosung von AfD Spitzenkandidat Maximilian Krah das Fass zum Überlaufen gebracht. Die extrem rechte französische Partei zieht die Reißleine.
Im Fernsehsender LCI sagte ihr Spitzenkandidat und Chef Jordan Bardella: "Die AfD hat rote Linien überschritten. Wir werden nach den Europawahlen neue Alliierte haben und nicht mehr mit der AfD in einer Fraktion sitzen."
Radikale Parteifiguren entmachtet
Für den RN steht viel auf dem Spiel. Seit Jahren bemüht sich die Fraktionschefin und dreimalige Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, die Partei aus der Schmuddelecke zu holen. So hat sie etwa ihren Vater, Jean-Marie le Pen, aus der Vorgängerpartei Front National ausgeschlossen.
Er hatte die Gaskammern der Nazis als "Detail der Geschichte" bezeichnet. Und auch andere radikale Parteifiguren hat Tochter Le Pen entmachtet. Mit dieser Strategie ist sie äußerst erfolgreich. In den Umfragen zu den Europawahlen liegt RN-Spitzenkandidat Bardella mit rund 32 Prozent weit vor allen anderen Parteien.
"Mühsam aufpoliertes Bild"
Da passt der europäische Fraktionspartner AfD mit seinen Ausfällen nicht ins mühsam aufpolierte Bild, erklärt Politikwissenschaftler Olivier Rouquan. "Was der RN macht, ist opportunistisch. Mit der Distanzierung von der AfD kann die Partei punkten."
Das gelinge vor allem bei den Wählerschichten, die man neu erobern will: die traditionell Konservativen, die besser Gebildeten und Rentner. "Der RN will jene Wähler verführen, die ihre Stimme niemals jemandem geben würden, der die dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte verharmlost."
Viele AfD-Querelen waren dem RN lästig
Der Bruch zwischen dem Rassemblement National und der Alternative für Deutschland hat sich schon länger angebahnt. Die Vorwürfe gegen die AfD wegen Spionage, die Verurteilung von AfD-Spitzenpolitiker Björn Höcke wegen Nazi-Parolen, die Russlandfreundlichkeit der AfD - all das war dem Rassemblement National zunehmend lästig.
Schließlich hat die Partei selbst gerade erst die letzten russischen Kredite abgezahlt und einen russlandkritischeren Kurs eingeschlagen. Besonders deutlich ging Le Pen auf Distanz zum deutschen Partner, nachdem die Medienplattform Correctiv das Treffen von Rechtsradikalen in Potsdam enthüllt hatte.
RN bleibt extrem rechts
Mit scharfen Worten wies Le Pen die dort vorgetragene Idee von zwangsweiser Rückführung nicht assimilierter Staatsbürger zurück. "Ich lehne diese Idee der 'Remigration' strikt ab. Wir stehen da in einem krassen Gegensatz zur AfD", sagte sie. "Und wir werden darüber diskutieren müssen, ob unsere Meinungsverschiedenheiten dazu führen, dass wir nicht mehr in einer Fraktion zusammenarbeiten können."
Auch wenn der RN den Begriff "Remigration" in seinem aktuellen Europawahlprogramm nicht verwendet, steht die Partei immer noch für extrem rechte Positionen. Etwa für Sozialleistungen nur für französische Familien oder Beschlagnahmung von NGO-Rettungsbooten im Mittelmeer.
"Offen faschistische Töne anschlagen"
Marine Le Pen ist eigentlich nicht zimperlich, wenn es darum geht, neue Fraktionspartner zu finden. Politologe Rouquan erinnert an die Teilnahme von Marine Le Pen an dem jüngsten internationalen Treffen der radikalen Rechten in Madrid.
"Der Rassemblement National trifft sich mit europäischen Parteien der extremen Rechten wie etwa die spanische Vox. In diesen Parteien gibt es Personen, die offen faschistische Töne anschlagen."
Der Rassemblement National benutzt also die AfD, um selbst salonfähig zu werden. Marine Le Pen hat dabei vor allem eines fest im Blick: die nächsten französischen Präsidentschaftswahlen 2027.