Inzidenz auf Mallorca Weiter keine Hinweise auf Trickserei
Die Inzidenz auf Mallorca bleibt niedrig. Dabei liegen weder Hinweise auf geschönte Zahlen vor noch Belege für die Ausbreitung der brasilianischen Mutante. Unter anderem SPD-Politiker Lauterbach hatte schwere Vorwürfe erhoben.
Neue Daten aus Spanien liefern keine Hinweise auf geschönte Inzidenzzahlen auf den Balearen. Auch liegen keine Indizien für eine Ausbreitung der brasilianischen Mutante vor. Im März hatten verschiedene Medien berichtet, auf Mallorca sei die gefährliche brasilianische Virus-Mutante P1 nachgewiesen worden. Diese gilt als besonders problematisch.
Die mallorquinische Uni-Klinik "Son Espases" dementierte die Berichte und stellte fest, man habe die Variante B.1.1.28 entdeckt, nicht aber die gefährlichere Variante B.1.1.28.1, die als P1 bekannt ist. Doch auch diese Darstellung traf in Deutschland auf Zweifel: Auf Anfrage des ARD-faktenfinder sagte Karl Lauterbach Ende März, es erscheine ihm "extrem unwahrscheinlich", dass jetzt auf Mallorca die alte Ursprungsvariante aus Brasilien gefunden worden sei, die dort "praktisch keine Rolle mehr spiele und auch sonst nicht in großem Maße" zirkuliere. Ihm sei überhaupt nicht bekannt, dass nach dieser älteren Variante im Rahmen von Screenings in Europa überhaupt gesucht werde.
Es sei dagegen "viel logischer", dass es sich um die P1-Mutante handele. Das Dementi der Klinik und der Regierung der Balearen sei daher politisch motiviert: Man wolle mögliche Urlauber nicht verschrecken. Aus demselben Grund hielt Lauterbach auch die angegebenen Inzidenzen auf der Insel für nicht sehr plausibel. Es sei zwar "beruhigend", dass die Regionalregierung nach einem sprunghaften Anstieg der Inzidenz von 20 auf 30 binnen einer Woche die Innenräume von Cafés, Restaurants und Kneipen wieder schließen wolle, an der zuvor berichteten 20er-Inzidenz müsse man aber zweifeln. "Das passt mit den Zahlen auf dem spanischen Festland aus meiner Sicht nicht richtig zusammen", so Lauterbach. Auch im ZDF hatte Lauterbach gesagt, er glaube den Fallzahlen nicht.
Nach eigenen Angaben glaubt er allerdings nicht, dass positive Testergebnisse einfach unter den Tisch fallen, es könne sich aber um Meldeverzug handeln. Belegen könne er dies nicht, so Lauterbach, "aber ich wollte mit aller Vorsicht darauf hinweisen, dass es hier Dinge nicht plausibel sind".
Niedrige Werte auch auf dem Festland
Schaut man sich allerdings Spaniens Corona-Dashboard an, lässt sich feststellen, dass es in den Regionen an der spanischen Mittelmeerküste durchaus vergleichbar niedrige Inzidenzen gibt: Tarragona wies am 25. März bei der Sieben-Tage-Inzidenz 33,5 Infektionen auf, Valencia und Castellon sogar unter zehn, nur die Metropole Barcelona liegt mit 63,3 deutlich höher. In Madrid erreichte die Sieben-Tage-Inzidenz 87,7 - eine der höchsten im Land, aber noch weit unter dem Durchschnitt in Deutschland.
Die jüngsten Angaben vom 5. April zeigen ähnliche Werte: Die Balearen liegen bei der Sieben-Tage-Inzidenz bei nur noch 18,44. Valencia bleibt unter zehn, Tarragona steigt leicht auf 38,4. Der Wert für Castellon wird mit 17,07 angegeben - und liegt damit etwa so niedrig wie auf Mallorca.
Experten weisen Vorwürfe zurück
Gesundheitsexperten auf Mallorca hatten mit Empörung auf den Vorwurf des SPD-Politikers reagiert. "Wir sind hier schließlich nicht in einer Bananenrepublik, sondern in einem ernsthaft und professionell geführten Land", sagte der renommierte Gesundheitsexperte Joan Carles March der "Mallorca Zeitung".
Auf Anfrage des ARD-faktenfinder betonte March Ende März: "Ich denke, die Daten für die Balearen und Spanien sind grundsätzlich korrekt. Es mag sein, dass es mehr Fälle der brasilianischen Variante gibt in der Realität, aber ich denke, die mikrobiologischen Dienste arbeiten gut." Er wisse "nicht, mit welchen Argumenten der deutsche Politiker und Epidemiologe sagt, was er sagt". Auf jeden Fall sei es wichtig, die brasilianische Variante auf den Balearen und in Spanien sowie in Deutschland zu beobachten. Auf eine erneute Anfrage sagte March, es lägen weiterhin keine Hinweise auf die P1-Mutante auf den Balearen vor.
Gesundheitsexperte March zeigte Verständnis für die Aufregung in Deutschland. Er könne nachvollziehen, dass dort gerade die Nerven blank lägen, nicht zuletzt wegen der hohen Corona-Werte, sagte er der "Mallorca Zeitung". "Trotzdem sollte man versuchen, diese Themen rational zu betrachten", mahnte er. Das gelte auch für den Vorwurf Lauterbachs, die niedrigen Corona-Zahlen seien nicht glaubhaft. "Die Balearen gehören spanienweit zu den Regionen, bei denen die Nachverfolgung der Infektionsketten und die Analyse der Daten am besten funktioniert", sagte March.
Dafür spricht auch die niedrige Positivrate bei den Testungen: Der Wert lag nach offiziellen Angaben auf den Balearen lediglich bei 2,6 Prozent, in Galizien sogar nur bei 2,4 Prozent - was als ein Indiz für eine niedrige Dunkelziffer gilt. In anderen Regionen liegt der Wert höher - in Madrid beispielsweise bei 9,5 Prozent. Die Zahl der Testungen pro 100.000 Einwohner ist dabei allerdings ungefähr gleich hoch: rund 1800 in einer Woche pro 100.000 Einwohnern. Insgesamt wurden in Spanien - auf die Einwohnerzahl bezogen - bis April weit öfter getestet als in Deutschland. Seit den strengen Einschränkungen, die Ende Januar verhängt wurden, hat sich die Corona-Lage in dem Land deutlich verbessert und derzeit deutlich positiver als beispielsweise in Deutschland.
Verdacht gegen deutschen Arzt
Für Schlagzeilen sorgte unterdessen der Verdacht, ein deutscher Arzt auf Mallorca fälsche Bescheinigungen über negative PCR-Testergebnisse für den Rückflug nach Deutschland. Der Arzt soll laut RTL-Recherchen auch ohne Testung ein negatives Ergebnis ausgestellt haben und angeblich auch angeboten haben, das Datum zu ändern. Die Behörden ermitteln in der Angelegenheit und sprachen von einem ernsten Vorfall. Die spanische Polizei will den Fall gemeinsam mit Interpol bearbeiten.