Beatrix von Storch, stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD und Alice Weidel
faktenfinder

Debatte um Klimawandel AfD macht die Sonne verantwortlich

Stand: 14.06.2019 17:24 Uhr

AfD-Fraktionschefin Weidel hat den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel infrage gestellt. Es gebe auch Hinweise auf die Auswirkung der Sonnenaktivität auf die Erderwärmung. Experten weisen das zurück.

Von Patrick Gensing und Konstantin Kumpfmüller, ARD-faktenfinder

In der Debatte über den Klimawandel hat die AfD-Politikerin Alice Weidel bezweifelt, dass die Menschen dafür hauptsächlich verantwortlich sind. Sie "streite nicht ab, dass sich die Erde erwärmt, aber ich glaube nicht, dass der menschliche Einfluss maßgeblich ist", sagte Weidel der "Welt". Die "gesamte Klimaagenda" beruhe auf den Berichten des Weltklimarats. Dieser sei "keine naturwissenschaftliche, sondern eine politische" Organisation.

Es ist unter Forschern allerdings nahezu einhelliger Konsens, dass der Mensch die Hauptursache der aktuellen Erderwärmung ist. Die AfD hatte dagegen bereits im jüngsten Bundestagswahlkampf von einer "Hypothese vom menschengemachten Klimawandel" gesprochen.

Weltklimarat
Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), der oft als Weltklimarat bezeichnet wird, ist eine Institution der Vereinten Nationen. Gegründet wurde sie im Jahr 1988 von der UN und der Weltorganisation für Meteorologie.

Der IPCC forscht nicht selbst, sondern trägt den Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel zusammen und will nach eigener Darstellung wissenschaftliche Grundlagen für Entscheidungen liefern, ohne selbst Handlungsempfehlungen zu geben.

Der IPCC ist zweierlei: Ein wissenschaftliches Gremium und ein zwischenstaatlicher Ausschuss mit Sitz in Genf. Vertreten sind darin Wissenschaftler aus der ganzen Welt, die Regierungen von 195 Ländern sowie etwa 150 Beobachterorganisationen.

Klimaveränderung auf dem Mars

Weidel bezieht sich in dem "Welt"-Interview auf den dänischen Physiker Henrik Svensmark, der den Einfluss des Kohlendioxids auf das Klima für überbewertet halte. Sie behauptet zudem, Forscher des Niels-Bohr-Instituts (NBI) hätten gesagt, "dass es einen viel belastbareren Zusammenhang zur Sonnenaktivität gibt", was hohe CO2-Werte betreffe.

Svensmark ist dort allerdings seit 1993 nicht mehr tätig. Peter Ditlevsen, Physiker am NBI, sagte dem ARD-faktenfinder, dass das Institut keineswegs Svensmarks Thesen befürworte. Svensmark sei ein kompetenter Wissenschaftler - seine Hypothese zum Einfluss der Sonne auf die Erderwärmung ließe sich aber nicht halten. Ein weiterer Wissenschaftler sagte, er könne nicht erkennen, wie die Aussagen Weidels auf am NBI tätige Klimaforscher zurückzuführen seien.

Auf die Nachfrage, auf welche Quellen sich Weidel bei ihrer Aussage beruft, nannte ihr Pressereferent neben Svensmark den inzwischen verstorbenen Geophysiker Eigil Friss-Christensen. Er war bis 2006 am NBI. Seine von Weidel und vielen Klimaskeptikern aufgegriffenen Forschungen sind aber nicht belegt.

In Pressemitteilungen weist das Niels-Bohr-Institut sogar explizit auf die Auswirkungen der CO2-Emissionen hin, wie der Politikberater Johannes Hillje auf Twitter schrieb. Mit Aussagen über die Sonnenenergie beziehe sich das Institut auf den Mars.

Kein Einzelfall

Dass nicht der Mensch, sondern die Sonne Hauptursache des Klimawandels sein könnte, hatte im Jahr 2017 auch die stellvertretende Bundessprecherin der AfD, Beatrix von Storch, nahe gelegt.

In einem Interview mit dem Journalisten Tilo Jung sagte sie: "Diejenigen, die wollen, dass wir nochmal unser gesamtes Leben umkrempeln und dass wir den CO2-Ausstoß im Prinzip beenden, die müssen uns beweisen, dass das so ist und die müssen uns beweisen, dass der Klimawandel nichts mit der Sonnenenergie und der Sonnenintensität zu tun hat, sondern mit unserem Atmen und unserem Verbrennen von Kohle und sonst was."

Haltlose These

Der deutsche Klimaforscher Mojib Latif widerspricht der Annahme, dass die Sonnenaktivität Einfluss auf die Erderwärmung habe. Dem ARD-faktenfinder sagte er, die These sei völlig haltlos und ließe sich sehr leicht widerlegen, etwa durch einen deutlichen Anstieg der Erdtemperatur bei auf ähnlichem Niveau bleibender Sonnenstrahlung.

Zu diesem Ergebnis kommt auch das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Sami Solanki, Direktor des Insituts, erklärte dem ARD-faktenfinder, dass die Sonne nicht für den Temperaturanstieg der vergangenen 50 Jahre verantwortlich gemacht werden könne. Während die Helligkeit der Sonne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert zugenommen habe, gehe der Trend in den vergangenen Jahrzehnten eher nach unten - bei stark ansteigender Erdtemperatur.

In einem Artikel des Instituts heißt es weiter, dass bei der Erderwärmung "spätestens seit etwa 1980 der verstärkte Treibhauseffekt durch die Zunahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre" die Überhand gewonnen habe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 31. Mai 2019 um 11:36 Uhr.