Neuer Mobilfunkstandard Noch kein Durchbruch bei 5G-Ausbau
6,5 Milliarden Euro zahlten die Netzbetreiber vor einem Jahr für 5G-Frequenzen. Der Ausbau des Mobilfunkstandards solle nun richtig starten, sagen sie. Wichtige Fragen sind aber nach wie vor ungeklärt.
Autonom fahrende Roboter-Fahrzeuge, die die Post ausliefern - in diesem Sommer sollten sie auf dem Campus der Technischen Universität in Kaiserslautern zu bestaunen sein. "Aber das dauert nun etwas länger", erzählt Professor Hans Schotten, der dort zu 5G forscht. Wegen der Corona-Krise verzögere sich beispielsweise die Lieferung von Fahrzeugen und Funk-Komponenten. In der zweiten Jahreshälfte soll es bei diesen 5G-Tests zügig vorangehen. Das gilt nicht nur für den Campus in Kaiserslautern, sondern auch für den Ausbau des Netzes in Deutschland.
Beschleunigter Ausbau
Ein Jahr nach der Auktion der 5G-Frequenzen liegt die Betonung bei der Zukunftstechnologie 5G noch immer auf dem Wort "Zukunft". Das ändere sich, versprechen die Netzbetreiber. Mehr als 40.000 Antennen würden Ende dieses Jahres umgerüstet sein, heißt es von der Telekom. Damit werde mehr als die Hälfte der Bevölkerung mit 5G versorgt.
Auch Vodafone hat bereits mit der Umrüstung begonnen, verstärkt soll der Ausbau auf dem Land vorankommen. Telefónica will 5G schon bald in seinem o2-Netz möglich machen. "Wir starten in den kommenden Monaten in den fünf größten deutschen Städten. Bis 2022 werden wir 16 Millionen Menschen in 30 Großstädten versorgen", teilte das Unternehmen mit. An diesen Zielen habe auch die Corona-Krise nichts geändert.
Passende Endgeräte fehlen größtenteils
Mit 5G sollen die Nutzer rund zehn Mal so schnell im Netz surfen können wie beim derzeitigen 4G-Standard. Aber um tatsächlich auch 5G zu nutzen, fehlt es bislang noch an einem breiten Angebot an 5G-fähigen Smartphones. "Die umgerüsteten Basisstationen nützen nichts, wenn die kompatiblen Endgeräte und vor allem die 5G-Anwendungen noch gar nicht verbreitet sind", sagt Wissenschaftler Schotten. Es werde wohl noch ein bis zwei Jahre dauern, bis die Smartphone-Nutzer im Alltag wesentliche Unterschiede zum bisherigen Standard sehen werden.
Längste Frequenz-Auktion der Bundesnetzagentur
Der Grundstein dafür wurde im Juni 2019 gelegt, als die Versteigerung der 5G-Frequenzen nach mehreren Monaten zu Ende ging. Insgesamt 6,5 Milliarden Euro bezahlten die Betreiber, am meisten davon die Telekom. Als Neuling ging 1&1 Drillisch ins Rennen und erwarb Frequenzen für 1,07 Milliarden Euro. Noch ein Jahr danach klagen die Betreiber über das Auktionsverfahren. "Das Ergebnis hätte wesentlich günstiger ausfallen können. Auch jetzt fehlt den Netzbetreibern Geld für den Netzausbau", heißt es von der Telekom.
Telefónica spricht sich gegen das deutsche Auktionsverfahren aus. In Frankreich etwa könnten die Betreiber ihre bestehenden Nutzungsrechte teilweise verlängern, wenn sie Zusagen zum Netzausbau machen. Die deutsche Bundesnetzagentur, die beim 5G-Ausbau als eine Art Schiedsrichter agiert, hält dagegen. Sie verweist darauf, dass durch die Auktion 1&1 Drillisch auf den 5G-Markt kommen konnte: "Die erfolgreiche Teilnahme eines Neueinsteigers zeigt, dass unser Auktionsformat geeignet ist, den Wettbewerb zu fördern."
Streitfrage "National Roaming"
Eine wichtige Streitfrage bei den Wettbewerbern ist nach wie vor, inwieweit sie die Funkmasten der anderen mitnutzen dürfen - das sogenannte National Roaming. Vor allem für 1&1 Drillisch ist das wichtig. Das Unternehmen soll mit 5G zum vierten Netzbetreiber neben den Platzhirschen Telekom, Telefónica und Vodafone werden. Da 1&1 bislang keine eigenen Funkmasten betreibt, ist das Unternehmen vorerst auf die Infrastruktur der Konkurrenz angewiesen. Allerdings verlangten die Mitbewerber für eine Kooperation "Mondpreise" sagte 1&1-Chef Ralph Dommermuth kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Die Mitbewerber beklagen demnach, dass der Neuling zu hohe Anforderungen stelle.
Einig im Umgang mit Huawei
Weitgehend Klarheit herrscht dagegen bei der Frage, wie die Netzbetreiber mit dem chinesischen Unternehmen Huawei zusammenarbeiten wollen. Vor allem die USA warnen schon länger vor möglicher Staatsspionage; Huawei bestreitet die Vorwürfe. Die deutschen Netzbetreiber benutzen zwar teilweise Technik des Unternehmens, betonen aber, diese nicht im sogenannten Kernnetz einzusetzen - also dem "Herzstück" des Mobilfunknetzes, wo beispielsweise Mobilfunkdaten mit Kundenprofilen kombiniert werden. Einen klaren Ausschluss von Huawei gibt es seitens der Bundesregierung nach wie vor nicht.
Milliarden Euro im "Zukunftspaket"
Die Regierung will den 5G-Ausbau nun mit einem "Zukunftspaket" vorantreiben, das sie vergangene Woche mit dem Konjunkturpaket beschlossen hat. Das sieht zum Beispiel Investitionen in die Entwicklung von Software für 5G-Netze vor. Besonders viel Geld - fünf Milliarden Euro - soll in die "Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft" fließen. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich eine staatliche Gesellschaft, die Funkmasten vor allem in ländlichen Gegenden bauen soll. Die Netzbetreiber können dann mit ihrer Technik auf die errichteten Masten aufsetzen. Damit sollen vor allem "weiße Flecken" in der Mobilfunkversorgung beseitigt werden.
Herausforderung Standortsuche
Solche Standorte zu finden, werde weiterhin eine Herausforderung bleiben, meint 5G-Forscher Schotten. Denn vor allem für weitere Ausbaustufen von 5G müssen nicht nur bestehende Masten modernisiert, sondern viele neue gebaut werden. "Das ist ein Problem für die Netzbetreiber", sagt Schotten. "Sie müssen ja erst einmal ein geeignetes Grundstück finden, es erschließen und mit Glasfaser ausstatten. Dazu kommen Bürgerinitiativen, die sich gegen den Mobilfunk wehren." Das Ziel der Bundesregierung im Zukunftspaket bleibt ambitioniert. Es lautet: "Wir wollen den 5G-Ausbau massiv beschleunigen und bis 2025 ein flächendeckendes 5G-Netz in ganz Deutschland aufbauen."