Spionagevorwürfe gegen AfD-Mitarbeiter Unangenehme Fragen für die "Partei der deutschen Interessen"
Ein chinesischer Spion im Umfeld der AfD? Ein unangenehmer Vorwurf für eine Partei, die vorgibt, deutsche Interessen zu vertreten. Die Parteichefs haben Europa-Spitzenkandidat Krah nach der Festnahme seines Mitarbeiters vorgeladen.
Es wurde gejubelt, damals im Sommer in Magdeburg. Maximilian Krah war gerade zum Spitzenkandidaten für die Europawahl gekürt worden. Doch nicht wenige in der AfD - auch an der Spitze - haben sich nie Mühe gegeben zu verstecken, was sie von dieser Wahl halten: nicht viel. Es war wie eine Vorahnung: Der Kandidat Krah könnte für schlechte Schlagzeilen sorgen.
So ist es gekommen. Der vorläufige Höhepunkt erreichte die AfD am Dienstagmorgen - die Nachricht, dass ein Mitarbeiter von Krah festgenommen wurde. Der Mann mit chinesischen Wurzeln steht unter Spionageverdacht. Er soll Informationen nach China weitergegeben haben.
Krah äußert sich nur schriftlich: Er habe aus den Medien von den Vorwürfen erfahren und sollten sie stimmen, würde das Arbeitsverhältnis sofort beendet. Krah würde gern auch die Debatte beenden und den Fragen ausweichen. Aber das geht nicht mehr. Die Parteispitze zitiert ihn nach Berlin.
Immer wieder China
Auf einer Pressekonferenz reden die Vorsitzenden minutenlang über die aus ihrer Sicht schlechte Ampelpolitik, Energiefragen und das Bürgergeld. Dabei wissen sie doch, dass die Frage nach dem Spitzenkandidaten kommen wird. "Wir sehen das als absolut besorgniserregend an", sagt Tino Chrupalla schmallippig. Das war es dann auch. Die Parteispitze verweist auf das Gespräch mit Krah, wenn der von seiner langen Reise aus Straßburg irgendwann Berlin erreicht haben sollte.
Immer wieder China. Die Fragen sind nicht neu. Natürlich sei er in China gewesen, lachte Maximilian Krah erst vor wenigen Tagen ins Mikrofon bei "Jung und naiv", einem YouTube-Format. Er habe viele Freunde und habe natürlich nicht mit dem Geheimdienst gesprochen.
Dass er Hotel und Zugfahrt bezahlt bekam, spielt Krah herunter: "Ne Bahnfahrkarte und dreimal Business-Hotel. So what. Was sind das, 400 Euro, 500 Euro?" Krah sagt, er habe alles angegeben und deutsche Interessen vertreten. Alles andere - so sagt er es schon dort - sei Kampagne. Und seine Wähler würden das durchschauen.
"Das ist Verrat"
Kampagne vor der Wahl - das ist ein übliches AfD-Narrativ. Doch lässt sich das aufrechterhalten? Die Schlagzeilen zu China sind ein Problem für die Partei, die ja immer wieder Deutschland an erste Stelle stellt. Die Glaubwürdigkeit sei angeschlagen, sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder von der Universität Kassel - "weil man nicht auf der einen Seite für sich in Anspruch nehmen kann, dass man deutsche Interessen vertritt und auf der anderen Seite auf plumpste, einfachste Weise diese Interessen mit Füßen tritt. Und sie an andere weitergibt. Das ist Verrat."
Verrat - ein starker Vorwurf, der immer wieder kommt. Sind AfD-Politiker bestechlich? Handeln sie beauftragt von Russland oder China? Krah musste jüngst zugeben, in den USA vom FBI - also der Bundespolizei - befragt worden zu sein. Es ging um Chatnachrichten und den Verdacht, Geld bekommen zu haben - Geld aus dem pro-russischen Umfeld. Krah bestreitet das, ebenso wie Petr Bystron - der steht auf Platz zwei der Europaliste und fiel im Bundestag durch Aussagen wie diese auf:
Wir alle, die für den Frieden eintreten, müssen uns hier auch noch als Agenten Moskaus beschimpfen lassen. Und von wem? Von Leuten, die von den Amerikanern gesteuert, bezahlt und überwacht werden.
Was tun mit Blick auf die Europawahl?
Sind das russische Narrative im Bundestag? Und floss dafür Geld? Der Parteichef stellte sich erst am Wochenende hinter Krah und Bystron. Solange keine Beweise auf dem Tisch liegen. Aber Chrupalla macht bei Caren Miosga auch klar, was passieren würde, wenn an den Vorwürfen was dran ist: "Die Konsequenzen sind ganz klar, dass solche Personen in unserer Partei keinen Platz haben."
Heißt: Wer sich von Russland oder China steuern lässt, fliegt aus der Partei. Doch das würde dauern und wäre bis zur Europawahl Anfang Juni nicht zu schaffen. Krah und Bystron - also die ersten beiden Plätze von der Liste - zu streichen, wäre unmöglich. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Wenn zum Beispiel der Kandidat stirbt oder wegen eines Urteils nicht mehr wählbar ist, kann die Liste verändert werden.
Im Ernstfall blieben der AfD wenig Möglichkeiten. Sie könnte wohl nur die beiden von Plakaten oder den Wahlkampfbühnen verbannen. Auch deswegen versucht die Partei die geübte Rolle einzunehmen - wie der Parlamentarische Geschäftsführer Bernd Baumann, der versucht, den Verfassungsschutz schlecht zu machen. "Natürlich prüfen wir das", sagt er - aber: die Vorwürfe "können wahr sein, die können konstruiert sein. Das kann alles Mögliche sein."
Sorge ist spürbar
Wenige in der AfD wollen reden über Krah. Die Sorge ist spürbar. Aber auch der Korpsgeist. Noch. Der Abgeordnete Stefan Keuter sagt: "Wir sind die Partei der deutschen Interessen. Und so etwas würden wir definitiv nicht machen." Und sein Kollege Martin Sichert betont: "So lange, wie wir keine harten Fakten und Belege haben, bleiben die Reihen in der AfD geschlossen."
Politikwissenschaftler Schröder rechnet mit weiteren Enthüllungen. "Diese Partei ist nicht nur eine Gefahr für die Demokratie, sondern auch für die konkrete Sicherheitslage." Die AfD handelt nicht im Interesse der Deutschen. Das sind harte Vorwürfe und Fragen. Vor allem an den Europa-Spitzenkandidaten Maximilian Krah - wenn er bei den Parteichefs vorgeladen ist.