Agrarministertreffen Minister versprechen Bauern weniger Bürokratie
Die Bauernproteste zeigen offenbar Wirkung: Die deutschen Agrarminister wollen bürokratische Regeln für Landwirte entschlacken. Zudem entschied die EU, Umweltauflagen deutlich abzuschwächen.
Nach den Bauernprotesten haben sich die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern darauf verständigt, den Regelungs-Wust für die Land- und Forstwirtschaft in Deutschland einzudämmen. Der bürokratische Aufwand für Landwirte solle verringert werden, erste Schritte würden bis Mitte 2024 umgesetzt, teilte die Vorsitzende der Agrarministerkonferenz, Thüringens Ressortchefin Susanna Karawanskij, in Erfurt mit. Dafür sei mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) ein Zeitplan verabredet worden. "Es soll da schnell vorangehen", sagte Özdemir. "Manches ist schon auf dem Weg."
Es gehe unter anderem darum, mehrfache Dokumentationspflichten abzuschaffen oder sich widersprechende Regelungen durch Vorgaben von EU und Bund. Die Bundesländer haben nach Angaben von Karawanskij insgesamt 194 Vorschläge auf den Tisch gelegt, die der Bund jetzt prüfe und zu denen er eine Prioritätenliste aufstelle. Zudem werde erwartet, dass bei neuen Gesetzen keine neuen "Bürokratiemonster" entstehen.
Forderungen des Bauernverbands erfüllt
Der Deutsche Bauernverband hatte vor dem Treffen Bürokratieabbau gefordert. "Unsere Betriebe werden von der Bürokratie erdrückt. Dieser Aufwand kostet immens viel Zeit und damit Geld", hatte Verbandspräsident Joachim Rukwied kritisiert. Bauern verwiesen am Rande der Konferenz darauf, dass es beispielsweise bei Abstandsregelungen für den Gewässerschutz unterschiedliche Vorgaben in verschiedenen Gesetzen gibt.
Kritik übten die Agrarminister der Länder an einer ihrer Meinung nach unzureichenden Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung für mehr Tierwohl. "Es geht uns um eine dauerhafte, verlässliche Finanzierung", sagte Karawanskij. Özdemir verwies darauf, dass bisher insgesamt eine Milliarde Euro für Veränderungen in der Schweinehaltung zur Verfügung stehe. "Das kann nur ein Anfang sein", erwiderte Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel.
EU schwächt Umweltauflagen ab
Angesichts der massiven Bauernproteste in vielen Mitgliedsländern schwächt die EU-Kommission die Umweltauflagen für die Landwirtschaft deutlich ab - teils rückwirkend bereits für dieses Jahr. So soll die Pflicht zur Flächenstilllegung ganz entfallen. Bei kleinen Höfen unter zehn Hektar soll nicht mehr kontrolliert werden, ob sie die Umweltauflagen tatsächlich einhalten.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sieht bislang vor, dass Landwirte vier Prozent ihrer Nutzflächen brach liegen lassen. Dadurch sollen Flächen für den Artenschutz geschaffen werden. Die Kommission hatte die Regelung infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ausgesetzt, ursprünglich um die Lebensmittelversorgung abzusichern. Dies soll nun ab 2024 größtenteils in ein Anreizsystem umgewandelt werden: "Landwirte werden damit ermutigt, Flächen stillzulegen, aber ohne Einkommensverluste", erklärte die Kommission.
Auch andere Vorschriften sollen weniger strikt angewendet werden. Der seit Anfang dieses Jahres vorgeschriebene Fruchtfolgenwechsel auf 35 Prozent der Ackerfläche soll durch eine "Abwechslung" der Feldfrüchte ersetzt werden. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sagte, dass die Mitgliedsländer die Regeln künftig "nach den regionalen Gegebenheiten" auslegen können.
Kritik von Umweltschützern
Umweltschützer kritisierten die Pläne. "Statt sich für eine ökologische und soziale Agrarwende einzusetzen, beugt sich die EU-Kommission der Agrarindustrie", erklärte Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe. "Mit mehr pauschalen Direktzahlungen und ohne Geld für Brachen, Rückzugsräume und artenreiche Wiesen und Weiden steuert sie den Klima- und Artenschutz in der Landwirtschaft mit Vollgas vor die Wand."
"Der Weg, den die EU-Kommission einschlagen will, führt (...) an der Zielmarke vorbei", erklärte auch die agrarpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. Die Vorschläge seien "komplett widersprüchlich" und ein Abbau von Umweltstandards nicht akzeptabel.