Flüchtlingspolitik Neuer Zank um Seehofers "Ankerzentren"
Geht es nach Innenminister Seehofer, könnten schon bald "Ankerzentren" für Flüchtlinge öffnen. Doch dagegen regt sich massiver Widerstand - bei der Gewerkschaft der Polizei.
"Ankerzentren" - damit meint Bundesinnenminister Horst Seehofer Zentren, in denen Ankunft, Entscheidung und Rückführung von Flüchtlingen gebündelt organisiert werden. Über Details ist nichts bekannt. Doch die Gewerkschaft der Polizei hat ihre Position schon festgelegt.
"Wir sagen als Gewerkschaft der Polizei - mit uns nicht", sagt Jörg Radek, Bundesvorsitzende der GdP in der Bundespolizei. Er kennt die Transitzentren in Manching und Eichstätt in Bayern - die Vorbilder für Seehofers Projekt. Seit er dort war, spricht Radek von "Lagern". Es gehe um Kasernierung über Monate, vielleicht sogar Jahre anstatt um Integration. Das sei gesellschaftspolitisch falsch, sagt der Bundespolizist. Er ist sicher: Es sei nicht Job der Bundespolizei, da die Verantwortung zu übernehmen.
"Bundespolizei kann Kernaufgabe nicht nachkommen"
Die Bundespolizei solle die Grenzen sichern - und wenn es dafür genug Personal gäbe, wären die "Ankerzentren" überflüssig, argumentiert Radek: "Die Bundespolizei - insbesondere an der österreichischen Grenze - nimmt keine Zurückweisungen vor. Für uns ist es daher paradox, auf der einen Seite die Kernaufgabe der Bundespolizei, den Grenzschutz, nicht durchführen zu können, und auf der anderen Seite wird von der Politik verlangt, dass wir möglicherweise diese Lager einrichten und betreiben sollen."
Noch ist völlig offen, was Seehofer konkret plant. Dass die Bundespolizei dabei eine Rolle spielt, hatte Innenstaatssekretär Stephan Mayer in einem Zeitungsinterview angekündigt. Denkbar ist aber auch, dass das Konzept zunächst ohne Gesetzesänderungen in Pilotzentren getestet wird. Das hatte Seehofer Anfang des Monats angedeutet. Denn: "Wenn wir erst die Rechtsänderungen durchführen und dann die 'Ankerzentren' einrichten, wird das ein 'Sankt- Nimmerleinsprozess'", so Seehofer damals.
Details kommen später
Ende Mai, Anfang Juni soll es Details geben, versichert Seehofers Sprecher Harald Neymanns. Bis dahin halten sich Unionsabgeordnete noch bedeckt, wie der Innenexperte Mathias Middelberg: "Wir sehen das ganz entspannt, weil es gar nicht geplant ist, die Bundespolizei in irgendeiner intensiveren Form einzubinden. Da sind überhaupt keine rechtlichen Änderungen geplant."
Abwarten scheint auch die Devise bei der SPD. Seehofer hatte ihr die "Ankerzentren" in den Koalitionsverhandlungen abgerungen. Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider gibt sich wenig begeistert, aber vertragstreu: "Der Bundesinnenminister ist jetzt in der Pflicht, einen Vorschlag zu machen, wie er den Koalitionsvertrag umsetzen will - und dann werden wir uns dazu verhalten."
Die Gewerkschaft der Polizei will trotz der klaren Absage mit der Politik ins Gespräch kommen. Die Grünen hat sie schon auf ihrer Seite. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnet die "Ankerzentren" als ideologisches Prestigeprojekt der CSU.