Merkel verteidigt Flüchtlingspolitik "Aus der Zeit der Gastarbeiter gelernt"
In der Union ist ihre Flüchtlingspolitik umstritten, doch auch nach dem Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes setzt Kanzlerin Merkel weiter auf Integration. Man müsse Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt eingliedern - und aus der Vergangenheit lernen.
Bei der Integration der Flüchtlinge in Deutschland will Bundeskanzlerin Angela Merkel die Fehler aus früheren Zeiten vermeiden. "Wir haben aus der Zeit der Gastarbeiter Anfang der 1960er-Jahre gelernt", sagte Merkel in ihrem Video-Podcast. Damals sei es falsch gewesen davon auszugehen, dass die meisten Zugewanderten das Land wieder verließen.
Job-Perspektiven geben
Den Flüchtlingen mit Bleibeperspektive müsse heute eine rasche Job-Perspektive eröffnet werden - mit Sprachkursen, Integrationsangeboten, Aus- und Fortbildungskursen. "Für einen Teil derjenigen, die zu uns kommen, wird das recht gut gehen", sagt Merkel. "Aber es wird natürlich auch einen Teil geben, der nicht so eine gute Ausbildung hat, und hier müssen wir insbesondere bei jungen Menschen schauen, dass wir sie trotzdem schnell in Arbeit bekommen."
Die Bundeskanzlerin wies darauf hin, dass es für jeden Asylbewerber mit guten Bleibeperspektiven einen Integrationskurs von sechshundert Stunden gebe: "Das kann noch während des Asylverfahrens begonnen werden." Die Kinder kämen sehr schnell in die Schule oder in den Kindergarten, "da gibt es inzwischen riesige Anstrengungen in den Bundesländern, mit Willkommensklassen zu arbeiten", sagte Merkel.
Kanzlerin in den eigenen Reihen umstritten
Für den jetzigen Kurs der Kanzlerin gibt es in der CDU allerdings offenbar nur geringen Rückhalt. So hält Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Stimmung an der CDU-Basis nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" für dramatisch schlecht. Den insbesondere von CDU-Generalsekretär Peter Tauber geschilderten großen Rückhalt in der Partei für ihre Politik sehe er nicht, habe Schäuble in der jüngsten Sitzung des CDU-Präsidiums geäußert. Wenn das neue Asylpaket nicht bald Wirkung zeige, werde das Verhältnis der Parteispitze zur Basis Schaden nehmen.
Kritik an Merkel gab es erneut aus Bayern. So forderte der bayerische Finanzminister Markus Söder, in der Flüchtlingspolitik den rigideren Kurs der bayerischen Schwesterpartei zu übernehmen. "Das, was die CSU sagt und wie sie handelt, ist an der CDU-Basis mehrheitsfähig. Hier geht es um das Grundvertrauen der Wähler in die Politik." Das Thema Flüchtlinge sei von fundamentaler Bedeutung für die Zukunft und den Bestand der Union.
Neues Asylrecht gilt
Das verschärfte Gesetzespaket für Asylbewerber ist in seit heute in Kraft. Damit könnten die von Bund und Länder beschlossenen schnelleren Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber und die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen bei der Versorgung im Prinzip schon am Wochenende beginnen.
NRW-Innenminister Ralf Jäger mahnte bei der Anwendung des neuen Rechts allerdings Augenmaß an. Zwar werde sein Bundesland von der Möglichkeit Gebrauch machen, abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben und die Abschiebung vorab nicht anzukündigen, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Was wir in Nordrhein-Westfalen nicht tun werden, ist in den frühen Morgenstunden plötzlich bei irgendeiner Familie aufzutauchen, die Kinder aus dem Bett zu zerren und dann eine Abschiebung durchzuführen", sagte er.
Unterdessen zeigte sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker besorgt über Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. "Wenn bei Demonstrationen Hass-Parolen zu hören sind und solche Hetze dazu führt, dass engagierte Menschen wie die künftige Kölner Oberbürgermeisterin angegriffen werden, dann bereiten mir diese sogenannten besorgten Bürger ernsthafte Sorgen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zugleich hob Juncker hervor, dass die große Mehrheit der Bürger für demokratische Werte eintrete und gegen Hass demonstriere.