Ukraine-Krieg Baerbock kündigt neue Sicherheitspolitik an
Die neue deutsche Sicherheitsstrategie soll eine Außenpolitik "mit einem klaren Wertekompass in der Hand" sein, so Außenministerin Baerbock. Auch innerhalb der NATO müsse Deutschland mehr Verantwortung übernehmen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat eine Debatte über eine neue außenpolitische Sicherheitsstrategie für Deutschland angestoßen. Es müsse darum gehen, Werte und Interessen gemeinsam zu verteidigen, sagte sie in einer Grundsatzrede in Berlin.
Ziel sei, Außenpolitik "mit einem klaren Wertekompass in der Hand" zu gestalten. Darüber werde sie in den nächsten Monaten das Gespräch mit anderen Ressorts und dem Parlament suchen.
"Sicherheit aus der Zukunft heraus denken"
Der "völkerrechtswidrige Krieg" des russischen Präsidenten Wladimir Putin "konfrontiert uns mit einer neuen sicherheitspolitischen Wirklichkeit", sagte Baerbock. Er sei eine "geopolitische Zäsur mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die europäische Sicherheit", betonte sie. Bei der Erarbeitung einer neuen nationalen Sicherheitsstrategie müsse Deutschland deshalb "Sicherheit nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Zukunft heraus denken".
"Unverletzlichkeit des Lebens"
Als die drei essenziellen Elemente eines neuen Sicherheitsbegriffs bezeichnete Baerbock die "Unverletzlichkeit des Lebens" - also den Schutz vor Krieg und Gewalt, die "Sicherheit der Freiheit unseres Lebens" in der Demokratie und die "Sicherheit der Grundlagen unseres Lebens".
Wo Krieg die Lebensgrundlagen auslösche, könne es keine Sicherheit geben, sagte Baerbock. "Aber auch dort, wo die Folgen des Klimawandels, von Hunger, Armut und fehlendem Wohlstand der Menschen Leid erzwingen, gibt es keine Grundlage für sicheres Leben in Freiheit."
Ressortübergreifende Zusammenarbeit
Die Erarbeitung einer nationalen Sicherheitsstrategie ist im Koalitionsvertrag verankert. Es handelt sich um das erste Projekt dieser Art in der Geschichte der Bundesrepublik. Baerbock kündigte eine ressortübergreifende Zusammenarbeit bei der Erarbeitung der Strategie an. Einbezogen werden sollen auch der Bundestag, Expertinnen und Experten sowie zivilgesellschaftliche Akteure.
Mehr Engagement in der NATO
Auch innerhalb der NATO müsse Deutschland mehr Verantwortung übernehmen. Der Ukraine-Krieg zeige "einmal mehr, dass die Sicherheit von der Bündnisfähigkeit der NATO abhängt", unterstrich Baerbock.
Eine langfristige Ausgestaltung der jüngst erfolgten Verstärkung der NATO-Ostflanke sowie die auf die neuen Realitäten ausgerichteten militärischen Übungen müssten der "Tatsache Rechnung tragen, dass das gesamte östliche Bündnisgebiet einer neuen Bedrohung unterliegt", sagte Baerbock.
Dies bedeute, dass "wir NATO-Präsenzen in den Ländern Südosteuropas aufstellen müssen", aber auch, dass die "nukleare Abschreckung der NATO glaubhaft bleiben" müsse. Aus diesem Grund habe sich die Bundesregierung für die Beschaffung atomwaffenfähiger F-35-Tarnkappen-Jets entschieden.
"Wirtschaftlichen Abhängigkeiten intensiv stellen"
Auch werde die Bundesregierung eine neue China-Strategie erarbeiten. "Wir müssen uns unseren wirtschaftlichen Abhängigkeiten intensiv stellen", sagte Baerbock. "Jetzt erleben wir, dass eine einseitige wirtschaftliche Ausrichtung uns gerade verletzlich macht."
Deutschland müsse unabhängig werden von fossilen Energieimporten, dürfe dabei aber nicht in neue Abhängigkeiten geraten. "Natürlich müssen wir auch mit autoritären Regimen sprechen", sagte Baerbock. "Entscheidend ist dabei doch gerade, dass wir uns nicht zum Schweigen verbannen lassen, dass wir Dinge nicht herunterschlucken, weil wir etwa wirtschaftlich oder energiepolitisch abhängig sind, sondern dass wir Position beziehen, auch wenn es schwierig ist."