Katholische Bischöfe Waffenlieferungen "grundsätzlich legitim"
Der russische Angriffskrieg zwingt die Kirche, ihre Friedensethik zu überdenken. Die katholischen Bischöfe betonten, dass Waffenlieferungen für die Ukraine "grundsätzlich legitim" seien. Die evangelische Kirche äußerte sich ähnlich.
Auf ihrer Frühjahrsversammlung haben die katholischen Bischöfe den russischen Angriffskrieg verurteilt und sich uneingeschränkt an die Seite der Ukrainer gestellt. Auch Waffenlieferungen halten sie für gerechtfertigt. "Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann", seien "grundsätzlich legitim", heißt es in einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Sie wurde zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung im fränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein verfasst.
Weiter heißt es darin: "Es ist denjenigen, die die Entscheidung zu treffen haben, aber aufgetragen, präzise zu bedenken, was sie damit aus- und möglicherweise auch anrichten. Dies gilt gleichermaßen für die Befürworter wie für die Gegner von Waffenlieferungen."
Der Krieg in der Ukraine stellt auch die christliche Friedensethik auf die Probe. "In ihrer Lehre und in ihrem Handeln ist die Kirche der Gewaltlosigkeit Jesu verpflichtet. Auch in der Stunde der Bedrängnis muss sie deshalb der Versuchung einer schrankenlosen Gewaltanwendung entschlossen widersprechen", heißt es in der DBK-Erklärung. "Gewalt und Gegengewalt, auch wenn sie legitim ist, treiben eine Spirale der Gewalt an, die diese regelmäßig außer Kontrolle geraten lässt."
Kurschus: Nur Gebete und Mitgefühl reichen nicht
Ähnlich äußerte sich auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus. Sie hält es für schwierig, die geforderten Waffenlieferungen abzulehnen, wenn die Menschen sich nicht allein aus eigenen Kräften verteidigen könnten. "Aber Waffenlieferungen gewährleisten nicht das Ende der Gewalt, das wir uns wünschen", sagte die westfälische Präses dem Evangelischen Pressedienst epd.
Kurschus betonte das Dilemma der kirchlichen Position. "Wie immer wir uns positionieren: Wir können in dieser Situation keine weiße Weste behalten." Sie halte es für zynisch zu sagen, Gebete und Mitgefühl mit den Menschen in der Ukraine müssten ausreichen. "Ich kann nachvollziehen, dass die Ukraine in ihrer Selbstverteidigung unterstützt wird. Das ist ein echtes Dilemma." Aber dem dürften die Kirchen nicht ausweichen, indem sie schweigen und sich aus der Verantwortung ziehen.
Kurschus sagte zudem, dass die evangelische Friedensethik vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs "einer kritischen Prüfung" unterzogen und neu diskutiert werden müsse.
"Krieg ist eine Niederlage der Humanität"
Die katholischen Bischöfe wandten sich in ihrer Erklärung auch gegen die Versuche des russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill, den russischen Einmarsch zu verteidigen. "Alle wahre Religion lehnt den Krieg ab. Er ist eine Niederlage der Humanität." Wer ihn mutwillig auslöse, begehe ein Verbrechen vor Gott und den Menschen. In ihrer Lehre und in ihrem Handeln sei die Kirche der Gewaltlosigkeit Jesu verpflichtet.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte bei einer Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Bischöfe, es gebe eine große ökumenische Übereinstimmung in der Ablehnung des Krieges. Die Bischöfe forderten Entschlossenheit der westlichen Demokratien und Hilfe für die Opfer. "Alle spüren: Die Invasion in die Ukraine ist auch ein Angriff auf Europa und seine Werte", heißt es in dem vierseitigen Text. Europa tue gut daran, sich auf eine lange und schwierige Auseinandersetzung einzustellen. "Eine Haltung der Entschlossenheit und der Eindeutigkeit, jenseits von Hysterie und von taktischem Lavieren, ist nötig, um diese Herausforderung zu bestehen."