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Angeblicher Stimmentausch Der "VoteBuddy" ist ein Fake

Stand: 08.09.2017 09:00 Uhr

Rechte Seiten im Netz zürnen, der Bundeswahlleiter ermittelt: In den vergangenen Tagen hat der "VoteBuddy" für Aufsehen gesorgt. Angeblich können hier Wähler ihre Stimmen übertragen - an Migranten. Doch das Projekt ist ein Fake.

Von Patrick Gensing, ARD-aktuell

Das Projekt verbinde "Menschen, die nicht wählen wollen - mit Menschen, die nicht wählen können". So heißt es auf der Seite "VoteBuddy.de". Und weiter: "Melden Sie sich an und wir vermitteln Ihren Stimmentausch zur Bundestagswahl." Da ein solches Vorgehen in Deutschland illegal sei, agiere man von den USA aus, schreiben die Initiatoren - und tatsächlich läuft die Adresse der Seite laut der Registrierungsstelle Denic auf einen Timo Meissner in New York. Angeblich haben sich bereits mehr als 1000 Bundesbürger bei dem Projekt angemeldet.

Der Stimmentausch soll via Briefwahl erfolgen. In einem "Votebuddy"-Video erklärt ein Mathias, das Projekt sei toll, da es so einfach gehe: "Briefwahl beantragen, Buddy finden, Unterlagen tauschen." Eine Frau namens Gökce schwärmt: Seit 22 Jahre lebe sie in Deutschland - und bei dieser Wahl könne sie nun das erste Mal mitmachen. Ein Mann namens Dragan lächelt in die Kamera und sagt mit einem ausländischen Akzent: "Mit 'VoteBuddy' zählt auch meine Stimme bei der Bundestagswahl!"

Stimmentausch per Briefwahl? Tatsächlich weisen einige Experten auf Risiken bei der Briefwahl hin. Denkbar ist die Gefährdung des Wahlgeheimnisses, weil Menschen bestochen oder eingeschüchtert werden könnten. Auch die Beeinflussung behinderter oder dementer Menschen ist theoretisch möglich, ebenso wie die Weitergabe bereits unterschriebener, aber noch nicht ausgefüllter Unterlagen.

"Wo bleibt Heiko Maas?"

Der "VoteBuddy" sorgte aber nicht deswegen für Diskussionen im Netz, sondern vor allem, weil angeblich Migranten in Deutschland nun wählen könnten. Ein rechtsradikaler Blog titelte: "Entscheiden nicht stimmberechtigte Migranten die Bundestagswahl?" Der rechte Publizist David Berger schrieb im Hinblick auf "VoteBuddy", das klinge "doch sehr stark nach einer linksgrünen Ausrichtung". Und er fragt: "Wo bleibt nun ein Heiko Maas, der zwar juristisch mehr als zweifelhafte Gesetze erlässt, die de facto dazu dienen, völlig legitime Kritik an der linskgrünen Merkelpolitik und der Islamisierung zu unterdrücken, aber hier anscheinend noch nicht tätig geworden ist." Bergers Artikel wurde unter anderem von Erika Steinbach via Twitter geteilt.

Ein Twitter-Nutzer merkte zudem an: "Zufall oder nicht aber die Adresse von dieser 'Votebuddy' in New York ist hinter einer Moschee - na dann!!!!" Eine Nutzerin witterte "Wahlmanipulation gigantischen Ausmaßes". Auch zahlreiche größere Medien berichteten über den "VoteBuddy"; einige mutmaßten allerdings bereits, dass es sich um eine gezielte Fälschung handeln könnte.

Mehrere Personen erstatteten Anzeige gegen die Initiatoren des Projekts, der Bundeswahlleiter kündigte auf Anfrage von "Der Westen" an: "Das Angebot ist illegal, weil es zu illegalen Handlungen aufruft. Wir prüfen derzeit, wie wir juristisch gegen die Seite vorgehen können."

Künstlerkollektiv "Peng!" initiierte "VoteBuddy"

Allerdings werden über "VoteBuddy" gar keine Stimmen getauscht, das war den Initiatoren zufolge auch nie geplant. Das Projekt ist ein Fake. Nach Informationen des ARD-faktenfinder steckt das Künstlerkollektiv "Peng!" hinter der Aktion. "Peng!" hatte bereits im Mai für Aufsehen gesorgt - durch eine gefälschte Kampagne gegen Waffenexporte. Titel: "CDU mit Gefühl!" Damit schaffte es das Künstkerkollektiv bis in die "New York Times" und "Fox News".

2016 hatte "Peng!" die Kampagne "Deutschland sagt sorry" initiiert - eine angebliche Entschuldigung im Namen des Bundesarbeitsministeriums an Menschen, die "Hartz IV" beziehen. Auf der Internet-Messe "re:publica" gaben sich einige Künstler als Google-Mitarbeiter aus und präsentierten vermeintliche neue Überwachungsprodukte.

Das Motiv: Aufmerksamkeit erzeugen

Im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder erklärt Sara Conti von "Peng!", mit dem "VoteBuddy" habe die Gruppe darauf Aufmerksam machen wollen, dass in Deutschland Millionen Migranten kein Wahlrecht hätten. "Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, sollten das Recht haben, legal wählen zu können, ohne dafür auf die Hilfe anderer oder auf Rechtsbrüche angewiesen zu sein", so Conti.

Das Künstlerkollektiv fordert daher ein Wahlrecht für alle Menschen, die mindestens seit einem Jahr in Deutschland leben - unabhängig von der Staatsbürgerschaft." Conti betont, sonst könnten Millionen Menschen nicht über die Politik mitbestimmen, die sie selbst betrifft - beispielsweise die Arbeits- und Familienpolitik. Über diesen Widerspruch habe man eine Debatte entfachen wollen.

Debatte ging im Hass unter

Allerdings ging dieser Plan nur teilweise auf. Zwar diskutierten einige Nutzer in den sozialen Netzwerken über die Frage nach dem Wahlrecht für Migranten, die in Deutschland leben - doch es überwog der Hass. So erreichten "VoteBuddy" zahlreiche Beleidigungen und Morddrohungen. Sara Conti meint, rechte Aktivisten seien im Netz so aktiv und beherrschend, dass sie die Richtung einer Debatte vorgeben könnten.

Wegen der Strafanzeigen mache man sich hingegen weniger Sorgen, sagt Conti. Die Künstler hätten die Aktion bereits seit Juli geplant und sich juristisch beraten lassen: "VoteBuddy" habe keine Stimmen vermittelt und sei eindeutig Satire, mit der man auf die Exklusion von Millionen Menschen bei der Bundestagswahl habe hinweisen wollen.

Bundeswahlleiter: "Aktion unverantwortlich"

Der Bundeswahlleiter reagierte unterdessen auf die Enttarnung des Fakes: "Wir haben nicht gelacht", teilte die Wahlleitung bei Twitter mit. Und weiter: "In Zeiten von Fake-News ist es unverantwortlich, Wähler/-innen mit derartigen Aktionen zu verunsichern."