SPD-Kanzlerkandidat Scholz "Wir brauchen mehr Solidarität"
Die Aufgaben der Gesellschaft dürften nicht zu Lasten von Renten-, Pflege- und Krankenversicherung gehen, sagte der frisch gekürte SPD-Kanzlerkandidat Scholz im tagesthemen-Interview. Daher seien pauschale Steuersenkungen der falsche Weg.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat im tagesthemen-Interview für "mehr Solidarität" geworben und sich inhaltlich von der Union distanziert.
"Das eine Prozent, das am meisten verdient in der Bevölkerung in Deutschland zahlt etwas mehr und die 95 Prozent anderen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Selbstständigen, werden entlastet", warb Scholz für das Wahlprogramm seiner Partei. Das sei die "richtige Austarierung".
Scholz betonte, es sei "zunächst eine Aufgabe unserer Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass genügend Geld zur Verfügung steht für die Rentenversicherung, für die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung". Daher sei er gegen Kürzungen in diesen Bereichen.
"Das ist durchgerechnet"
Mehr für Sicherheit tun und Unterstützung für die Ukraine - ohne, dass das auf Kosten der anderen Aufgaben in Deutschland gehe. Dafür stehe er bei der anstehenden Bundestagswahl, sagte der Bundeskanzler.
Zudem wolle die SPD Investitionen fördern. Im Gegensatz zur politischen Konkurrenz wolle die Partei das nicht mit pauschalen Steuersenkungen finanzieren. Dies sei deshalb nicht nötig, da nur jene Unternehmen gefördert werden sollten, die tatsächlich investieren. "Und das ist so durchgerechnet, dass es Wachstum erzeugt und gleichzeitig bezahlbar bleibt", erklärte Scholz.
"Die CDU schlägt vor, dass es eine Steuersenkung gibt für diejenigen, die das allermeiste verdienen, und sagt nicht, wo soll das Geld herkommen - obwohl im Haushalt von 2025 mittlerweile über 15 bis 16 Milliarden Euro fehlen", meint Scholz. Die Bürger müssten entscheiden, ob sie das wollten - oder stattdessen sein "solidarisches Konzept".
"Größter Unterstützer der Ukraine in Europa bleiben"
Zur Ukraine sagte Scholz, dass Deutschland ihr größter Unterstützer in Europa bleiben solle. Gleichzeitig müsse aber "das Töten aufhören" - ohne, dass es einen Diktatfrieden gebe. Man müsse aber schauen, was "möglich an Verhandlungen" sei.
Dass er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert habe und "auch wieder telefonieren werde", hätten die meisten Bürgerinnen und Bürger richtig gefunden. "Insofern ist es keine schlechte Nachricht, wenn sich der amerikanische Präsident und der russische Präsident auch treffen wollen", so Scholz.
"Für diese Mischung aus Unterstützung der Ukraine und eine Verhinderung, dass der Krieg eskaliert" stehe er sowie die SPD. Diese Hilfe für die Ukraine dürfe aber nicht "auf Kosten von Rentnern, auf Kosten der Unterstützung von Gemeinden in Deutschland und vieler anderer Leistungen" gehen.
Scholz zum Kanzlerkandidaten gekürt
Am Nachmittag hatte der SPD-Sonderparteitag Scholz offiziell zum Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl am 23. Februar gekürt. Per Kartenzeichen stimmte eine große Mehrheit der Delegierten für den 66-Jährigen.
Zuvor hatte Scholz in einer Rede auf dem SPD-Sonderparteitag gesagt, Deutschland stehe "an einem Scheideweg." Wenn die Deutschen am 23. Februar falsch abbögen, "dann werden wir am Morgen danach in einem anderen Land aufwachen. Das darf nicht passieren", mahnte der Kanzler.