Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) verleiht im Schloss Bellevue das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an den ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP).

'Großes Verdienstkreuz mit Stern' Baum als "Vorkämpfer für Bürgerrechte" gewürdigt

Stand: 19.07.2023 17:57 Uhr

Mahner, Kritiker und Demokrat - auch mit 90 Jahren meldet sich Ex-Innenminister Gerhart Baum regelmäßig zu Wort. Nun würdigte Bundespräsident Steinmeier den FDP-Politiker für seinen Einsatz für Freiheit und Menschenrechte.

Von Dietrich Karl Mäurer, ARD-Hauptstadtstudio

Der Bundespräsident begann seine Rede für Gerhart Baum mit einer Frage, die nach dem Ende der Nazi-Diktatur gestellt wurde: Hat Deutschland das Recht - angesichts seiner Vergangenheit - sich in Fragen des Menschenrechts und der Moral zu äußern? Laut Frank Walter Steinmeier hat Baum in seinem Leben darauf mit einem klaren 'Ja' geantwortet:

Lieber Herr Baum, Sie haben sich mit Ihrer festen Überzeugung, ein anderes Deutschland aufzubauen und zu prägen, über lange Jahre für Bürgerrechte, für Menschenrechte, für den Kampf gegen Extremisten und für Ihr Herzensthema Kultur eingesetzt.
Bundespräsident Frank Walter Steinmeier

Dafür wurde Baum, der bereits 1980 das 'Große Verdienstkreuz' erhielt, nun mit dem 'Großen Verdienstkreuz mit Stern' geehrt. Eine besonders hohe Form der Würdigung.

"Die Freiheit, eine soziale Absicherung zu haben"

Der Bundespräsident erinnerte an wichtige Stationen im Leben des 1932 in Dresden geborenen Juristen. An dessen Zeit als Bundesinnenminister ab Ende der 1970er-Jahre, in der er versuchte zu ergründen, woher der Terror der RAF rührte. An das Wirken als deutscher Vertreter bei der Weltmenschenrechtskonferenz 1993 sowie als Menschenrechtsbeauftragter der UN im Sudan.

Steinmeier würdigte Baums Freiheitsbegriff: "Es ging Ihnen immer um mehr als nur die 'Freiheit von' - von Unterdrückung, von Gewalt, von Diktatur. Es ging Ihnen auch um die 'Freiheit zu' - die Freiheit jedes Bürgers und jeder Bürgerin, sich zu entwickeln, eine soziale Absicherung zu haben, Zugang zu Kunst und Kultur zu haben."

Gerhart Baum

"Demokratie lebt nur, wenn man sie selbst lebt", sagte Gerhart Baum in seiner Rede.

Flammende Rede für Demokratie

Sichtlich gerührt hielt der Geehrte nach der Übergabe des Ordens eine flammende Rede für die Demokratie, für die er sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs seit seiner Jugend engagiert. Bei vielen Menschen in unserer heutigen kurzlebigen Gesellschaft habe er das verstörende Gefühl, dass sie gar nicht wüssten, in welcher Republik sie leben, "wie sie entstanden ist, was sie trägt."

Auch für die Ampelkoalition hatte er einen Rat aus seiner aktiven Zeit als Politiker. "Im Übrigen habe ich mich dann damals dran gewöhnt, selber in Verantwortung, die Dinge erst einmal untereinander auszutauschen." Wenn gestritten werde, dann doch im Wesentlichen zwischen Regierung und Opposition, betonte Baum. "Und nicht innerhalb einer Regierung."

Voll Sorge blickte der Liberale auf die steigenden Umfragewerte der AfD.

Ich erinnere mich daran, dass wir nach dem Kriege, mit vielen Leuten gesprochen haben, die gesagt haben, ja 1930 in der großen Wahl, wo Hitler sehr viel Prozente bekommen hat, haben wir die Nazis gewählt, aber wir haben doch nicht damit gerechnet, dass sie die Demokratie kaputtmachen.
Gerhart Baum

Das müsse man denen sagen, die jetzt Protest mit einer Partei ausdrücken wollten, die die Demokratie kaputtmachen will. Baum rief dazu auf, die Demokratie mit großer Energie zu unterstützen. Demokratie lebe nur, wenn man sie selbst lebe, sagte er besonders an junge Menschen gerichtet.

Dietrich Karl Mäurer, ARD Berlin, tagesschau, 19.07.2023 16:31 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 19. Juli 2023 um 17:49 Uhr.