Neuartiges Coronavirus Warnung vor unnötigen Arztbesuchen
Außer in Sachsen-Anhalt wurde das Coronavirus in allen Bundesländern registriert. Angesichts der verbreiteten Sorge vor dem Virus fürchten Ärzte um die allgemeine medizinische Versorgung der Bevölkerung.
Das neue Coronavirus ist in allen Bundesländern außer in Sachsen-Anhalt nachgewiesen worden. In China, wo das Virus erstmals festgestellt worden war, stieg die Zahl der Toten bis Mittwoch auf fast 3000. Die Gesamtzahl der offiziell erfassten Ansteckungen in Festlandchina seit Beginn der Epidemie im Dezember kletterte auf mehr als 80.000. Von ihnen haben 50.000 die Krankenhäuser wieder verlassen. Experten gehen allerdings in China von einer hohen Dunkelziffer aus.In Südkorea stiegen die Infektionen erneut um 516 auf 5.328. Die Zahl der Toten legte um vier auf 32 zu.
In Deutschland zählt das Robert Koch-Institut (RKI) bislang rund 200 nachgewiesene Infektionen. Viele Patienten sind inzwischen wieder gesund. Am Dienstagnachmittag kamen zuletzt das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern zu den Bundesländern hinzu, in denen das Sars-CoV-2 genannte Virus nachgewiesen worden ist.
Mehrere Ärzte infiziert
Unter den Fällen ist ein Kinderarzt des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS). "Wir haben diskutiert, ob eine Schließung der Kinderklinik in Betracht kommt", sagte der Staatssekretär des Landesgesundheitsministeriums, Stephan Kolling. Man sei aber zur Einsicht gelangt, die Klinik nicht schließen zu können. "Wir haben die Sicherheitsmaßnahmen erhöht". Zudem sei in anderen Kinderkliniken nachgefragt worden, ob es dort notfalls freie Kapazitäten gibt. "Der Arzt steht im Verdacht, sich auf einem Ärztekongress in Frankfurt am vergangenen Freitag angesteckt zu haben", heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.
Er habe dort Kontakt zu einem positiv getesteten Arzt aus Berlin gehabt. Im familiären Umfeld des Mannes sei das Virus Sars-CoV-2 nicht nachgewiesen worden, teilte das Ministerium in Nacht mit. In der Hauptstadt wurde neben dem Arzt unter anderem auch eine infizierten Lehrkraft registriert, worauf eine öffentliche Schule geschlossen wurde.
Regierungserklärung von Gesundheitsminister Spahn
Schwere Verläufe der vom Virus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 sind selten, ein darauf zurückgehender Todesfall wurde in Deutschland bisher nicht erfasst. Die meisten Fälle haben bundesweit bislang Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Weltweit haben sich dem RKI zufolge inzwischen rund 91.000 Menschen in über 70 Ländern nachweislich mit dem neuen Coronavirus infiziert. In der EU ist Italien mit über 2000 dieser Infektionen am stärksten betroffen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte für heute eine Regierungserklärung zum Krisenmanagement bei Sars-CoV-2 an. Zudem ist ein Treffen mit den Gesundheitsministern der Länder vorgesehen. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) wies die Debatte um eine Einschränkung der Grundrechte wegen der Epidemie zurück. "Die Vorsichtsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus stoßen in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz", sagte Lambrecht der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Die Menschen seien vernünftig und blieben in Quarantäne, wenn die Behörden das anordneten, sagte die Ministerin. "Deshalb sehe ich gegenwärtig keine Notwendigkeit, die Debatte zu führen, ob Grundrechte eingeschränkt werden müssen."
Warnungen vor unnötigen Arztbesuchen
Deutschlands Kassenärzte warnten derweil vor unnötigen Praxisbesuchen. Andernfalls sehen sie die Versorgung der Bevölkerung als gefährdet an. Wenn jemand bei sich selbst einen Verdacht auf das Coronavirus habe, dann sollte er nicht gleich eine Praxis aufsuchen, mahnte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Sinnvoll seien Tests nur, wenn jemand Symptome einer Erkrankung der oberen Atemwege aufweise und Kontakt zu Infizierten gehabt habe.
Auf jeden Fall sollten Menschen, die eine eigene Infektion befürchteten, laut KBV zunächst bei der Praxis oder der Arzthotline 116 117 anrufen. Wenn ein Infizierter gleich eine Praxis aufsuche, könne diese aus Gründen des Seuchenschutzes vorübergehend geschlossen werden, hieß es. Die Berliner Charité hat eine eigene Untersuchungsstelle eröffnet, vor der Menschen schnell Schlange standen. Das Pilotprojekt soll Vorbild für andere Krankenhäuser sein.
Weltbank stellt Sofortkredite bereit
Die Weltbank stellt Entwicklungsländern für den Kampf gegen das neuartige Coronavirus Kredite und Hilfsgelder in Höhe von insgesamt 12 Milliarden US-Dollar bereit. Es gehe darum, den Staaten "schnell" und "flexibel" zu helfen, um den Folgen der Covid-19-Epidemie zu begegnen, erklärte Weltbankpräsident David Malpass. Kurz zuvor hatten die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) ihre jährliche Frühjahrstagung in den USA abgesagt. Die ursprünglich für Mitte April am Sitz der Organisationen in Washington geplanten Treffen sollten nun in einem "virtuellen Format" stattfinden.
Die rasante Ausbreitung des Erregers alarmiert auch die Notenbanken. Einzelne Zentralbanken - darunter auch die mächtige US-Notenbank - haben bereits mit Stützungsaktionen begonnen. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England beließen es bislang bei verbalen Versicherungen, dass sie notfalls zum Handeln bereit wären.