Regeln in Bundesländern Was gilt wo für Herbsturlauber?
Ob Alpen oder Ostsee: Für Herbsturlauber aus innerdeutschen Corona-Risikogebieten wird es problematisch. Wo man hinfahren und übernachten kann, wo Quarantäne gilt - das ist vielerorts unterschiedlich. Ein Überblick.
Urlaub in Deutschland sei ja auch sehr schön, warben Ministerpräsidenten aus Süd und Nord sowie der Gesundheitsminister noch vor wenigen Wochen mit Blick auf die Herbstferien. Auslandsreisen sollten hingegen vermieden werden, da Deutschland quasi umzingelt ist von Corona-Risikogebieten. Inzwischen hat sich die Situation auch innerhalb Deutschlands drastisch verschärft. Die Zahl der Neuinfektionen steigt massiv, vor allem in größeren Städten aber auch nach so genannten Superspreading-Events wie Hochzeiten oder Familienfeiern.
Mehrere Bundesländer wollen Urlauber aus diesen Hotspot-Regionen lieber nicht bei sich haben - Beherbergungsverbot lautet der sperrige Begriff dafür. Folge: Herbstferien an der Ostsee oder in den Alpen gestalten sich nun schwierig, zumal es keine bundesweit einheitlichen Regeln gibt. Wo man hinfahren und übernachten kann, wo Quarantäne gilt, ist vielerorts unterschiedlich.
Ein Überblick:
Die Mehrheit der Bundesländer beschloss am Mittwochabend, dass innerdeutsche Urlauber aus Risikogebieten nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Coronatest vorweisen können. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Dazu gehören laut Robert Koch-Institut derzeit: die vier Berliner Bezirke Mitte, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg, außerdem Bremen, der Landkreis Vechta in Niedersachsen, Esslingen in Baden-Württemberg und die Städte Hamm, Hagen und Remscheid in Nordrhein-Westfalen. Laut Lagebericht der Senatsgesundheitsverwaltung vom Donnerstagnachmittag hat inzwischen sogar die Stadt Berlin insgesamt den Wert überschritten. Auch die Stadt Frankfurt am Main meldete eine Überschreitung der Warnstufe.
Wo gilt ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus Hotspots?
In der Mehrheit der Bundesländer. Konkret: Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Saarland, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein. Niedersachsen schloss sich inzwischen an. Nur ein höchstens 48 Stunden alter negativer Corona-Test hebt das Verbot auf. "Wer mit einem negativen Test anreist, kann einen Urlaub genießen", so Bayerns Regierungschef Markus Söder. Im Gegenzug für diese Testpflicht entfällt für Reisende zugleich die obligatorische zweiwöchige Quarantäne in diesen Bundesländern.
Haben Urlauber einen Anspruch auf einen Corona-Test?
Nein. Solche "Freitestungen" für Reisen sollen nur möglich sein, wenn genug Testmöglichkeiten vorhanden sind. Tests zur Aufrechterhaltung etwa des Bildungswesens haben Vorrang.
Welche Länder machen nicht mit?
Bremen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen legten Protokollerklärungen zu dem Beschluss vor. Das Land Bremen, das selbst am Mittwoch die 50er-Marke überschritten hatte, hat noch Beratungsbedarf.
Thüringen trägt das Beherbergungsverbot nicht mit. Die rot-rot-grüne Landesregierung sieht nach dem Infektionsschutzgesetz die Verantwortung zunächst bei den regionalen Gesundheitsämtern. Diese würden Quarantäne für infizierte Menschen oder Menschen mit Corona-Verdacht anordnen. Sie dürften die Region, in denen es einen Infektions-Hotspot gibt, nicht verlassen. Warum jedoch alle Menschen aus einer solchen Region nicht beherbergt werden sollten, sei ihm unverständlich, sagte Regierungschef Bodo Ramelow im ZDF. Auf die Frage, ob das, was die Ministerpräsidenten mehrheitlich beschlossen hätten, "Unsinn" sei, sagte der Linken-Politiker: "Ja, das sag ich so."
Auch in Nordrhein-Westfalen sind vorerst keine Beherbergungsverbote für Urlauber aus innerdeutschen Corona-Hotspots in Kraft. "Es gibt keinen Automatismus", sagte der Chef der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski. Dieses Instrument könne genutzt werden, wenn das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium bestimmte Regionen entsprechend ausweise. Anders ausgedrückt: NRW ist nicht prinzipiell gegen ein Beherbergungsverbot, wendet es aber noch nicht an.
Berlin forderte, bei der Bewertung des Infektionsgeschehens "als Gesamtstadt und Einheitsgemeinde" behandelt zu werden. Dem stimmten aber andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Bayern nicht zu. Sie belegen Bewohner von Berliner Stadtbezirken wie Mitte und Neukölln mit Quarantäneauflagen oder einem Beherbergungsverbot, wenn sie keinen Negativtest vorweisen können.
Generell ausschließen will aber auch Berlin ein Beherbergungsverbot für Reisende aus Corona-Risikogebieten nicht. Das sei denkbar, aber noch nicht jetzt, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller.
Mecklenburg-Vorpommern will bei noch strengeren Regeln bleiben und zusätzlich zu Reisebeschränkungen und dem Beherbergungsverbot an der Quarantänepflicht für Besucher aus Risikogebieten festhalten. Die Corona-Landesverordnung besagt, dass Touristen aus Risikogebieten nur dann einreisen dürfen, "wenn ein ärztliches Zeugnis vorhanden ist, welches bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 vorliege". Dieses Attest darf nicht älter als 48 Stunden sein. Dennoch besteht die Verpflichtung, sich unverzüglich für 14 Tage häuslich abzusondern. Die Quarantäne kann durch das zuständige Gesundheitsamt verkürzt werden, wenn eine weitere PCR-Testung nach 5 bis 7 Tagen ebenfalls negativ ausfällt.
Was gilt für Pendler?
Die oben genannten Regelungen gelten nur für touristische Reisen. Familienbesuche sind ausdrücklich ausgenommen, ebenso Pendelverkehr.
Wo sind sich die Bundesländer wieder einig?
In drei Punkten:
- Im gemeinsamen Beschlusspapier wird festgestellt, dass dem Anstieg der Zahlen "konsequent begegnet werden muss", vor allem um Wirtschaft, Schulen und Kitas am Laufen zu halten. Stichwort: Lockdown vermeiden.
- Bekräftigt werden vorangegangene Beschlüsse von Bund und Ländern vom Mai, Juni und Juli und die entsprechende "Hotspot-Strategie". Sie besagt, dass Beschränkungen erlassen werden, wenn in einem Kreis die Anzahl der Corona-Neuinfektionen den Grenzwert von 50 pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen übersteigt.
- Die Bürger werden aufgefordert, nicht erforderliche Reisen in besonders betroffene Gebiete und aus diesen heraus zu vermeiden.