Corona-Pandemie Ruf nach Reiseverboten
Das RKI meldet 1147 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages. Angesichts der Lage fordert der CDU-Wirtschaftsrat ein Verbot von Reisen in Risikogebiete. Auch der Weltärztebund fordert striktere Maßnahmen.
In Deutschland sind den zweiten Tag in Folge mehr als 1000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus registriert worden. Das Robert Koch-Institut meldet 1147 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden. Die Zahl der Todesfälle in Verbindung mit dem Coronavirus stieg um acht auf 9183.
Das Bundesgesundheitsministerium führt den Anstieg auch auf die vermehrten Tests in Deutschland zurück - zum Beispiel die bisher freiwilligen Tests von Reiserückkehrern.
Generelles Reiseverbot gefordert
Der CDU-Wirtschaftsrat fordert angesichts der Entwicklung ein generelles Verbot für Reisen in Risikogebiete. "Das Reiserecht kann nicht höher bewertet werden als die Rechte von Millionen Deutschen, denen ansonsten ein erneuter Lockdown droht", sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger der "Bild". Eine zweite Corona-Welle müsse unbedingt verhindert werden.
Steiger betonte, das Arbeits- und Schulleben ein zweites Mal wegen hoher Neuinfektionszahlen herunterzufahren, könne sich die Bundesrepublik "nur unter erheblichsten Schwierigkeiten nochmal leisten". Das muss allen klar sein. Deshalb erwarte ich von der Politik mehr vorausschauendes Handeln als jetzt bei der schon lange erwartbaren Rückreisewelle aus den Ferien."
Der CDU-Wirtschaftsrat ist trotz des Namens kein Teil der CDU, sondern steht der Partei nur nahe. Er vertritt die Interessen der unternehmerischen Wirtschaft gegenüber der Partei und hat nach eigenen Angaben mehr als 12.000 Mitglieder. 2018 verlor der Verein den Status als Sonderorganisation der Partei.
Ärzteverband fordert generelle Quarantäne
Auch der Weltärztebund forderte Nachjustierungen bei den Corona-Maßnahmen. Der Verbandsvorsitzende Frank Ulrich Montgomery befürwortet eine generelle Quarantäne für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und schlug dafür einen Zeitraum für sieben bis zehn Tagen vor. Tests seien nur "eine Momentaufnahme", sagte er der "Passauer Neuen Presse".
Um eine Infektion sicher auszuschließen, sei ein zweiter Test nach mindestens 72 Stunden notwendig. "Wir müssen jetzt sehr viel konsequenter bei Rückkehrern auf die Einhaltung von Quarantäne und Testung achten", so Mongomery. "Deutschland ist in einer Corona-Dauerwelle."
Montgomery fordert die Ausweitung der Quarantäne.
Ein klares Nein aus SPD und FDP
Kritik an den Forderungen nach Reiseverboten kommt aus der SPD und von den Liberalen. Der Präsident des SPD-Wirtschaftsforums, Michael Frenzel, sagte dem SWR, er halte davon "überhaupt nichts." Sinnvoller sei es, "auf unterschiedliche Infektionsgeschehen in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich zu reagieren." Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), sagte den Sendern RTL/ntv, ein Reiseverbot könne "nur ein letzter Schritt sein".
FDP-Vizefraktionschef Michael Theurer bezeichnete sie als "absolut unverhältnismäßig und gleichzeitig null praktikabel". Er verwies auf die bestehenden Vorschriften der Quarantäne und der Testpflicht: "Wenn sich die Leute daran halten, geht von Einreisenden kein höheres Risiko aus als von der Normalbevölkerung."
Testpflicht gilt ab morgen
Urlauber aus Corona-Risikogebieten müssen sich ab morgen bei der Rückkehr nach Deutschland auf das Virus testen lassen. Alternativ kann ein negatives Testergebnis vorgelegt werden, das nicht älter als 48 Stunden ist. Dies hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gestern angekündigt. Die Tests sind für die Reisenden kostenlos.
Welche Länder als Risikogebiete gelten, geht aus einer Liste des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor - aktuell stehen darauf etwa 130 der weltweit knapp 200 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA. Aus der EU sind derzeit Luxemburg, die belgische Provinz Antwerpen und die spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra auf der Liste.
"Perfekter geht immer"
Spahn hatte die verpflichtenden Tests als Verbesserung im Vergleich zur bisherigen Lage dargestellt. "Besser geht immer, perfekter geht immer", sagte der CDU-Politiker in ARD extra. Es gehe darum, eine Balance zwischen den Kapazitäten und dem, "was Sicherheit bringt" zu erreichen.
Derzeit gebe es vermehrt positive Corona-Tests bei Rückkehrern - etwa zwei bis 2,5 Prozent der Einreisenden würden positiv getestet. Vor allem bei der Landeinreise aus Risikogebieten - etwa mit dem Auto - sei vielen Menschen gar nicht bewusst, dass es bereits jetzt eine Verpflichtung zur Quarantäne gibt.
Spahn sieht bei Neuinfektionen bisher keine kritische Schwelle überschritten. "Im Moment sind wir in jedem Fall noch in einer Größenordnung, mit der das Gesundheitswesen und der öffentliche Gesundheitsdienst umgehen kann", sagte er im ZDF. "Wenn wir uns jetzt stabilisieren auf einem bestimmten Niveau, dann können wir damit umgehen."