Vor GroKo-Treffen Glyphosat verdirbt die Stimmung
Heute soll bei einem Spitzentreffen ausgelotet werden, ob es doch eine Große Koalition geben könnte. CSU und SPD giften sich aber weiter wegen des Glyphosat-Alleingangs von CSU-Minister Schmidt an. Die SPD hofft, den Unkrautvernichter national einschränken zu können.
Vor einem Spitzentreffen, bei denen die Chancen für eine Große Koalition ausgelotet werden sollen, bleibt das Klima zwischen Union und SPD wegen der umstrittenen Glyphosat-Entscheidung vergiftet. SPD-Chef Martin Schulz erneuerte seine Kritik und nannte den Alleingang von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt "skandalös".
"Skandalös", nennt SPD-Schulz das Verhalten von Minister Schmidt.
"Massiver Vertrauensverlust"
Der CSU-Politiker hatte am Montag seinen Vertreter bei der EU für eine Verlängerung der Zulassung des Unkrautvernichtes Glyphosat stimmen lassen - gegen den ausdrücklichen Willen von Umweltministerin Barbara Hendricks von der SPD. Schmidts Verhalten habe "zu einem massiven Vertrauensverlust innerhalb der geschäftsführenden Bundesregierung und zwischen den Parteien geführt", erklärte SPD-Chef Schulz.
Laut Geschäftsordnung der Regierung hätte sich Deutschland bei Uneinigkeit in der EU-Abstimmung enthalten müssen. Ohne das Ja aus Deutschland wäre die nötige qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten für den Vorschlag der EU-Kommission zu Glyphosat nicht zustande gekommen.
"Sigmar Gabriel hat auch schon Briefe geschrieben..."
Aus der CSU kam der Vorwurf, die SPD-Empörung sei scheinheilig. Bei den gescheiterten Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen sei eine dreijährige Verlängerung der Zulassung für das umstrittene Pflanzenschutzmittel unter Umweltauflagen besprochen worden, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die SPD-Ministerin Hendricks war laut Scheuer immer in den aktuellen Stand dieser Glyphosat-Diskussion eingebunden gewesen.
Zur Kritik von Schulz am nicht abgestimmten Verhalten des CSU-Agrarministers sagte der CSU-Generalsekretär: "Sigmar Gabriel hat auch schon Briefe geschrieben und Verhalten an den Tag gelegt, das nicht immer abgestimmt war." Gabriel war vor Schulz SPD-Chef.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Schmidt für seinen Alleingang bereits öffentlich gerügt. Ein Rauswurf des Ministers ist innerhalb der Union aber kein Thema - zumindest keines, das öffentlich diskutiert wird. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer betonte, Merkel habe erst mit dem Ergebnis der Abstimmung von dem Abstimmungsverhalten des Ministers erfahren. CSU-Chef Horst Seehofer war dagegen offenbar im Vorfeld informiert. Der bayerische Ministerpräsident sprach Schmidt seine Rückendeckung aus und äußerte zugleich Unverständnis, dass dieser so stark kritisiert werde.
Hendricks: Mittel auf nationaler Ebene einschränken
Umweltministerin Hendricks will den Gebrauch des Unkrautvernichters nun auf nationaler Ebene so weit wie möglich unterbinden. "Wir prüfen gerade alles, was in dieser Richtung möglich ist", sagte ihr Sprecher. Ein Weg könne die Pflanzenschutzmittelzulassung sein. Dafür sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Umweltbundesamt (UBA) zuständig.
Schmidt: Gemeinsam an Lösung arbeiten
Schmidt selbst versucht inzwischen offenbar, den Streit etwas zu entschärfen. Bei der Frage, wie die EU-Regelung zu Glyphosat auf nationaler Ebene wird, werde er auf Hendricks zugehen, sagte er der "Bild"-Zeitung. "Wir werden gemeinsam an einer Lösung arbeiten, um den Einsatz von Glyphosat künftig restriktiver zu gestalten." Dass sich der Streit negativ auf die Gespräche über eine eventuelle Großen Koalition auswirken könnte, glaubt er nicht. "Ich gehe davon aus, dass eine mögliche künftige Regierung der Bundesrepublik Deutschland nicht an der Frage Zustimmung oder Enthaltung zu Glyphosat scheitert", so Schmidt.
Morgen ist ein Spitzengespräch von CDU-Chefin Merkel, SPD-Chef Schulz und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplant. Dabei sollen die Chancen einer erneuten Großen Koalition ausgelotet werden. Die SPD hatte sich diesem Gedanken in den vergangenen Tagen erstmals vorsichtig geöffnet.