DeutschlandTrend

DeutschlandTrend Mehrheit für qualifizierte Zuwanderung

Stand: 09.01.2014 22:21 Uhr

Zwei Drittel der Bundesbürger befürworten die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. Dies geht aus dem ARD-DeutschlandTrend hervor. Die Umfrage brachte weitere überraschende Ergebnisse: So hat die neue Verteidigungsministerin deutlich an Zustimmung verloren.

Das gibt es nicht jeden Monat: Gleich an mehreren Stellen bietet der erste ARD-DeutschlandTrend des neuen Jahres verblüffende Ergebnisse - Zahlen, mit denen weder Autor noch Redaktion gerechnet hätten. Zwei Beispiele: Jahrelang war die Mehrheit der Deutschen konsequent ablehnend, wenn es darum ging, qualifizierten Arbeitskräften aus anderen Ländern die Tür zu öffnen. Mittlerweile sind aber mehr als zwei Drittel der Befragten davon überzeugt, dass die deutsche Wirtschaft auch weiterhin Zuwanderung braucht um erfolgreich zu sein.

Und als wir uns entschieden haben, zu Beginn des Europawahljahres nach längerer Zeit mal wieder die Stimmung der Deutschen gegenüber der Europäischen Union zu erfassen, haben wir eigentlich mit einem düsteren Bild gerechnet. Tatsächlich aber sind 40 Prozent der Befragten - im ARD-DeutschlandTrend so viele wie noch nie - der Ansicht, dass sich für die Bundesrepublik aus der EU-Mitgliedschaft mehr Vorteile ergeben. Nur 19 Prozent sehen mehr Nachteile. Für die übrigen Befragten halten sich Vor- und Nachteile die Waage.

Vermutlich erklären sich diese beiden Ergebnisse zu einem guten Teil gar nicht aus der Sache selbst. Ein Grund könnte nach vier Jahren Aufschwung und kontinuierlichem Gewinn an Arbeitsplätzen ganz einfach die Wirtschaftslage sein. 79 Prozent der Befragten bewerten sie als sehr gut oder gut, nur 20 Prozent als schlecht. Auch das ist in immerhin 16 Jahren DeutschlandTrend ein Rekordwert.

Mehrheit für Zuwanderung von Qualifizierten

Beim Thema Zuwanderung haben die Deutschen ein ziemlich differenziertes Bild. Auf der einen Seite bewerten, wie eingangs erwähnt, 68 Prozent positiv, wenn qualifizierte Arbeitskräfte in die Bundesrepublik kommen. Genau so deutlich wie die Zustimmung hier ist aber die Ablehnung gegenüber jenen EU-Ausländern, die gar nicht die Absicht haben, bei uns zu arbeiten. 70 Prozent der Befragten wollen, dass sie das Land wieder verlassen müssen. Die persönliche Betroffenheit ist allerdings weit niedriger. 34 Prozent, ein Drittel also, empfindet ganz persönlich Ängste angesichts der Zuwanderungssituation. Sehr deutlich ist der Vorwurf an die politischen Parteien: 76 Prozent sind überzeugt, dass die sich nicht genügend kümmerten "um die Probleme, die durch Zuwanderung entstehen".

Die laufende Debatte zu diesem Thema hatte die CSU in einem Arbeitspapier für ihre Klausur in Kreuth ausgelöst. Zumindest der Gesamtunion hat das in der politischen Stimmung nicht genützt. Denn in der Sonntagsfrage fällt die Union Anfang Januar auf 41 Prozent zurück (- 2 gegenüber Dezember). Im Gegenzug legt der Koalitionspartner SPD zwei Punkte auf 27 Prozent zu. Die Grünen gehen auf neun Prozent zurück (- 1), die Linkspartei auf acht Prozent (- 1). Die FDP kann sich leicht auf vier Prozent verbessern (+ 1). Und die AfD hält mit vier Prozent ihren letzten Wert.

Deutlich weniger Zustimmung für von der Leyen

Das wichtigste politische Ereignis der zurückliegenden Wochen war die Bildung der neuen Bundesregierung. Wie schon vor vier Jahren haben wir im ARD-DeutschlandTrend die Befragten gebeten, die Besetzung sämtlicher Kabinettsposten zu bewerten. 2009 erhielt Ursula von der Leyen als damalige Familienministerin mit 76 Prozent Zustimmung den mit Abstand besten Wert. Nun ist sie mit nur noch 40 Prozent Zustimmung für ihre neue Rolle als Verteidigungsministerin das einzige Kabinettsmitglied, das mehrheitlich negativ bewertet wird. 44 Prozent finden diese Besetzung keine gute Idee.

Die Spitzengruppe bilden nun Finanzminister Wolfgang Schäuble (76 Prozent), Kanzlerin Angela Merkel (75 Prozent) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (73 Prozent). Ihnen folgen Innenminister Thomas de Maizière (61 Prozent), Wirtschaftsminister Gabriel (57 Prozent), Kanzleramtsminister Altmaier (53 Prozent) und Arbeitsministerin Nahles (42 Prozent). Fast alle übrigen Minister sind der Mehrheit der deutschen Bevölkerung bisher gar nicht bekannt.

Eine Figur im politischen Berlin schlägt allerdings das gesamte Bundeskabinett: 77 Prozent der Befragten halten Joachim Gauck für eine gute Besetzung als Bundespräsident.

Europaskepsis hält sich in Deutschland in Grenzen

Am 25. Mai wird das Europäische Parlament neu gewählt. Dies geschieht in einer Situation, in der nicht nur die gemeinsame Währung, sondern auch die Europäische Union insgesamt in einer tiefen Krise stecken. Streit gibt es über gegenseitige Finanzhilfen und über die zentralen Kompetenzen in Brüssel im Verhältnis zu den Mitgliedsländern. Es wird damit gerechnet, dass vor allem in den nord- und westeuropäischen Ländern erheblich mehr Abgeordnete ins Parlament einziehen, die die EU grundsätzlich infrage stellen. Und in Großbritannien steht in den nächsten Jahren sogar eine Abstimmung darüber an, ob das Land aus der Gemeinschaft austreten soll.

In Deutschland hingegen hält sich die Europa- und Euroskepsis weiterhin in Grenzen. Die Partei, die diese Haltung vor allem verkörpert, die AfD, hat ihr politisches Gewicht seit der Bundestagswahl nicht vergrößern können. Und immerhin 64 Prozent (- 1 gegenüber dem Vorjahr) wünschen sich künftig "mehr gemeinsame Politik" in Europa, nur 31 Prozent sind der Ansicht, dass die Länder "wieder stärker allein handeln" sollten.

Wer das gemeinsame Europa mit seinen offenen Grenzen und der einheitlichen Währung für eine Errungenschaft hält, wird sich über diese Ergebnisse freuen. Allerdings verdeutlichen sie einmal mehr die tiefe Spaltung zwischen der Bundesrepublik und den meisten anderen EU-Ländern, die sich jetzt auch deutlich in der öffentlichen Meinung niederschlägt.

Untersuchungsanlage DeutschlandTrend
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1004 Befragte
Fragen zur wirtschaftlichen Lage: rund 500 Befragte
Erhebungszeitraum: 06. bis 07. Januar 2014
Sonntagsfrage: 1.559 Befragte
Erhebungszeitraum: 06. bis 08. Januar 2014
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Aus statistischen und methodischen Gründen lassen sich bei der Telefonumfrage sehr kleine Parteien nicht sinnvoll ausweisen. Infratest dimap verfolgt deshalb die Praxis, Parteien, deren Anteil lediglich bei zwei Prozent oder darunter vermutet wird, nicht aufzuführen.