ARD-DeutschlandTrend Solidarität mit der Ukraine
Im Krim-Konflikt beziehen die Deutschen klar Position: Laut ARD-DeutschlandTrend fordern 58 Prozent der Befragten Unterstützung der EU und der Bundesregierung für die Ukraine. Wirtschaftssanktionen gegen Russland lehnt die Mehrheit aber ab.
Eigentlich sind die Deutschen traditionell zurückhaltend, wenn es darum geht, in internationalen Konflikten Partei zu ergreifen. Bei der Ukraine ist das anders: Die Ergebnisse des neuen ARD-DeutschlandTrends zeigen breite Solidarität. So fordert nicht nur eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent, dass sich Europäische Union und Bundesregierung klar auf die Seite der Ukraine und gegen Russland stellen sollen. Eine, wenn auch knappe Mehrheit (51 Prozent) befürwortet sogar den Beitritt der Ukraine zur EU in einigen Jahren.
Wirtschaftshilfen für das Land, wie sie auf dem EU-Gipfel in Brüssel auf der Tagesordnung standen, halten 72 Prozent der Befragten für richtig. Politischen Druck auf Russland unterstützen 62 Prozent. Nur eine Minderheit hingegen unterstützt wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland (38 Prozent), den Ausschluss Russlands aus der Gruppe der G8-Staaten (19 Prozent) oder gar militärische Eingriffe zugunsten der Ukraine (12 Prozent).
Auch wenn die öffentliche Stimmung wie immer in Deutschland finanzielle Hilfen weitaus positiver sieht als militärisches Eingreifen, sind die Ergebnisse gerade dann spannend, wenn man die Ukraine mit dem EU-Partner Griechenland vergleicht. Hier wurden Finanzspritzen im DeutschlandTrend fast immer mit großer Mehrheit abgelehnt, und zeitweise sprachen sich sogar zwei Drittel der Befragten für den Ausschluss aus der Europäischen Union aus.
Kein Vertrauen in Russland
Die gewünschte Solidarität mit der Ukraine ist die eine Seite der Medaille, das immer zerrüttetere Verhältnis zu Russland die andere Seite. Gerade noch 15 Prozent empfinden Russland als einen "vertrauenswürdigen Partner" für Deutschland – das ist erneut ein Tiefstwert. Zum Vergleich: Frankreich ist für 83 Prozent der Deutschen ein "vertrauenswürdiger Partner", Polen für 63 Prozent und die USA für 38 Prozent. Für das Misstrauen Russland gegenüber gibt es einen einzigen zentralen Grund, und der heißt Wladimir Putin. Nur acht Prozent der Deutschen empfinden ihn als einen "demokratischen Politiker". 75 Prozent finden Putin sei ein Politiker, dem man "nicht über den Weg trauen kann". Und 81 Prozent glauben, ihm sei "jedes Mittel recht, um russische Interessen durchzusetzen".
Gute Noten nur in der Außenpolitik
Die internationale Krise ist immer die Stunde der Außenpolitik. Für die Große Koalition hat sie den angenehmen Nebeneffekt, dass innenpolitische Schwächen deutlich verdeckt werden. Das Urteil über die neue Bundesregierung fällt mehr als verhalten aus. Nur 47 Prozent sind mit der bisherigen Arbeit zufrieden, 51 Prozent sind unzufrieden. Ein sehr deutliches Bild ergibt sich, wenn man auf die verschiedenen Politikfelder schaut. Gute Noten bekommt die Bundesregierung in der Außenpolitik (67 Prozent Zufriedenheit), miserable Noten in der Rentenpolitik (30 Prozent) und in der Energiepolitik (24 Prozent Zufriedenheit).
Und dieses Bild spiegelt sich vollständig in der Bewertung der deutschen Spitzenpolitiker. Außenminister Frank-Walter Steinmeier baut seine Führungsrolle aus. Mit 74 Prozent Zustimmung legt er nicht nur vier Punkte zu. Er erreicht auch seinen bisherigen Bestwert aus dem Dezember 2008. Nur zwei weitere Spitzenpolitiker/innen spielen gegenwärtig in der gleichen Liga: Kanzlerin Angela Merkel kommt auf 71 Prozent Zustimmung (+ 2), und Finanzminister Wolfgang Schäuble hält mit 68 Prozent den dritten Rang. Die Nächstplatzierten folgen erst mit deutlichem Abstand: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit 47 Prozent, Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi mit 46 Prozent, Innenminister Thomas de Maizière mit 45 Prozent und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit 44 Prozent.
Zweieinhalb Monate vor der Europawahl ist es zwar ein SPD-Politiker, der in der deutschen Bevölkerung gegenwärtig das größte Vertrauen genießt, seiner Partei nützt das aber überhaupt nicht. Das hat nicht nur mit den dubiosen Internet-Kontakten des Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy zu tun, sondern sicher auch mit dem Umgang der SPD-Spitze mit vertraulichen Informationen über diesen Fall. Gegenüber Anfang Februar fällt die SPD jedenfalls deutlich zurück. Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre, käme sie auf 26 Prozent (- 3), die Union wäre klar stärkste Kraft mit 40 Prozent (+ 2), es folgen die Grünen mit elf Prozent (+ 1) und die Linke mit sieben Prozent (- 1). Die AfD fällt mit fünf Prozent (- 1) leicht zurück, die FDP bleibt mit vier Prozent unverändert. Sonstige Parteien würden von sieben Prozent der Befragten gewählt (+ 2).
Mehrheit für Hürde bei der Europawahl
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt es für die deutschen Wahlen im Europäischen Parlament keine Sperrminorität mehr, also kein Mindeststimmenanteil, den eine Partei erreichen muss, um Abgeordnete stellen zu können. Je nach genauem Ergebnis dürften schon 0,5 bis 0,6 Prozent der Stimmen ausreichen, um ein Mandat in Brüssel bzw. Straßburg zu besetzen. Welche Parteien außer den oben genannten das aus heutiger Sicht schaffen werden, lässt sich mit den Mitteln der Telefonumfrage nicht sicher sagen. Sicher ist hingegen: Die Entscheidung aus Karlsruhe stößt bei den Deutschen mehrheitlich auf Unverständnis. 64 Prozent fänden es besser, wenn es weiterhin eine Hürde für kleine Parteien geben würde. 32 Prozent unterstützen hingegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Anders als bei früheren Europawahlen wird diesmal die Auseinandersetzung der Spitzenpolitiker eine besondere Rolle spielen. Denn nach dem Lissabon-Vertrag hat das Ergebnis der Europawahl großen Einfluss darauf, wer José Manuel Barroso als Präsident der Europäischen Kommission nachfolgt.
Die europäischen Sozialdemokraten haben bereits den deutschen Parlamentspräsidenten Martin Schulz als ihren Spitzenkandidaten benannt. Die europäischen Konservativen und Volksparteien wollen wohl an diesem Wochenende den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker nominieren. Bei den deutschen Wählerinnen und Wählern hat Schulz einen leichten Vorsprung. Wenn man den Präsidenten der Kommission direkt wählen könnte, würden sich 35 Prozent für Schulz entscheiden, 30 Prozent für Juncker, 8 Prozent für keinen von beiden. 19 Prozent kennen mindestens einen der beiden Kandidaten nicht.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1003 Befragte
Sonntagsfrage Deutschland und Sonntagsfrage Europawahl: 1.515 Befragte
Erhebungszeitraum: 04. bis 05. März 2014
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Aus statistischen und methodischen Gründen lassen sich bei der Telefonumfrage sehr kleine Parteien nicht sinnvoll ausweisen. Infratest dimap verfolgt deshalb die Praxis, Parteien, deren Anteil lediglich bei zwei Prozent oder darunter vermutet wird, nicht aufzuführen.