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FAQ

Pläne der Regierung Was das Diesel-Konzept vorsieht

Stand: 02.10.2018 16:19 Uhr

Wer einen schmutzigen Diesel hat, soll sich ein saubereres Auto kaufen. Oder den Diesel nachrüsten. Wie genau stellt sich die Regierung das vor? Und kommt das auch so? tagesschau.de beantwortet wichtige Fragen.

Von Holger Schwesinger, tagesschau.de

Warum sind die Regelungen für Diesel-Autos nötig?

Hintergrund ist die zu schmutzige Luft in vielen deutschen Städten. Diesel-Abgase sind ein Hauptverursacher dafür. Daher drohen Fahrverbote für ältere Diesel. In Hamburg sind schon zwei Straßenabschnitte für sie gesperrt. In Stuttgart ist ab 2019 ein großflächiges Einfahrverbot geplant. Kürzlich hatte ein Gericht auch Fahrverbote für die Innenstadt von Frankfurt am Main ab 2019 angeordnet. Die EU-Kommission macht ebenfalls Druck und will Deutschland per Klage beim Europäischen Gerichtshof zur Einhaltung der Grenzwerte zwingen, die schon seit 2010 verbindlich sind.

Worauf hat sich die Koalition geeinigt?

Die Regierung will gesetzlich festlegen, dass Diesel der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5 in Fahrverbotszonen einfahren dürfen, wenn sie weniger als 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen. Zum Vergleich: Bislang stoßen Euro 4-Diesel laut Umweltbundesamt im Schnitt 670 Milligramm aus, Euro 5-Diesel rund 900 Milligramm. 

Besitzer älterer und schmutzigerer Diesel-Autos sollen zwischen zwei Möglichkeiten wählen können: Option eins: Sie tauschen ihren alten Diesel gegen ein neueres, saubereres Auto. Als Kaufanreiz bekommen sie dafür eine Prämie. Option zwei: Sie lassen ihren Diesel mit einem so genannten SCR-System nachrüsten, das den Ausstoß von Stickoxid unter einen Wert von 270 mg reduziert.

Profitieren alle Diesel-Besitzer davon?

Nein, es gelten mehrere Einschränkungen: Grundsätzlich richten sich die Pläne der Koalition nur an Besitzer von Diesel-Fahrzeugen bestimmter Schadstoffklassen: Die Umtausch-Option für die Klassen Euro 4 und Euro 5, die Nachrüst-Option nur für Euro 5. Laut Kraftfahrtbundesamt gab es Anfang 2018 gut 15,2 Millionen Diesel-Pkw in Deutschland. Davon erfüllten 25 Prozent die Abgasnorm Euro 6, 37 Prozent Euro 5, 21 Prozent Euro 4 und sieben Prozent Euro 3.

Außerdem gibt es regionale Einschränkungen: Angeboten werden sollen die beiden Optionen nur in bestimmten Städten, die von der Luftverschmutzung besonders betroffen sind. Als Kriterium gilt, inwieweit dort der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid im vergangenen Jahr überschritten wurde. Der liegt bei 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft und wurde in 65 Städten deutschlandweit überschritten.

Die Koalition hat sich allerdings darauf verständigt, nicht alle 65 Städte zu berücksichtigen, sondern nur diejenigen, in denen der Wert oberhalb von 50 Mikrogramm lag. Das sind genau 14: München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Auch Bewohner "angrenzender Landkreise" sowie Menschen, die aus beruflichen Gründen in die genannten Städte pendeln, sollen von den Maßnahmen profitieren. Auch soziale Härtefälle sollen bedacht werden - wie genau die definiert werden, ist aber noch unklar.

Zu den 14 Städten könnten noch einige hinzu kommen. Im Konzept der Koalition ist die Rede von Städten, "in denen ein demnächst aufgestellter, bestandskräftiger Luftreinhalteplan wegen fehlenden rechtlichen Ermessensspielraums Verkehrsbeschränkungen vorsieht". Das könnte vor allem auf die Frankfurt am Main gemünzt sein. Dort drohen Fahrverbote. Zudem wird in Hessen bald gewählt - und der wahlkämpfende Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU machte mehrfach sehr klar, dass die Maßnahmen unbedingt auch für die Pendlerstadt Frankfurt gelten müssten.

Kommt die Umtauschprämie sicher? Und für welche Autos?

Die Koalition betont, dass es die Prämie nicht nur beim Kauf eines Neuwagens geben soll, sondern ausdrücklich auch dann, wenn ein sauberer Gebrauchtwagen gekauft wird. Welchen Antrieb das neu gekaufte Auto hat - Diesel, Benzin oder Elektro - soll keine Rolle spielen. Damit der Kunde tatsächlich eine Umtauschprämie bekommt, müssen die Autohersteller aber auch mitspielen. Die haben grundsätzlich ein großes Interesse daran, Autos zu verkaufen. Und die Bundesregierung hat hier offenbar auch Druck gemacht, damit sie die Kosten übernehmen.

Laut Regierung sagten die deutschen Hersteller bereits Tauschprämien zu. Bei Volkswagen sollen sie - je nach Modell - zwischen 4000 und 8000 Euro liegen, bei Daimler bei bis zu 5000 Euro und bei BMW pauschal 6000 Euro. Auch von den Importmarken erwartet die Regierung entsprechende Prämien. Renault kündigte als erste eine Prämie von bis zu 10.000 Euro an. Der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer befürchtet allerdings, dass die Hersteller die Prämien mit den bereits bestehenden hohen Rabatten aufrechnen, sodass der reale Preisvorteil gering ausfällt.

Ist sicher, dass auch die Nachrüst-Option kommt?

Im Koalitionsbeschluss heißt es zum Thema Nachrüstungen: Der Bund erwartet "vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt". Die Haftung sollen die Nachrüstfirmen übernehmen.

Ob die Industrie da mitmacht, ist aber alles andere als sicher. Opel teilte schon mit, keine Nachrüst-Option anbieten zu wollen. Auch BMW will dies laut Scheuer nicht. VW ist grundsätzlich dazu bereit, fordert aber, dass auch andere Hersteller das anbieten müssten. Verkehrsminister Scheuer räumt ein, dass es hier noch Klärungsbedarf gebe - sowohl was finanzielle als auch was technische Punkte anbelange.

Ist das Problem nun gelöst?

Sicher nicht - auch ganz unabhängig davon, dass noch gar nicht klar ist, ob alles so umgesetzt wird, wie sich die Regierung das wünscht. Sogar Umweltministerin Schulze deutete an, dass trotz der jetzt angeschobenen Maßnahmen Fahrverbote in einzelnen Städten möglicherweise nicht zu vermeiden sind.

Ohnehin sind die Diesel-Fahrzeuge, über die jetzt gesprochen wird, ja nur ein Teil des Problems, mit dem Städte zu kämpfen haben. "Einzelne Städte ersticken am Verkehr", sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. Nötig sei eine völlig andere Mobilität.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. Oktober 2018 um 17:00 Uhr.