Ermittlungen gegen Edathy "Grenzbereich" zu Kinderpornografie

Stand: 14.02.2014 12:18 Uhr

Bei den Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Edathy geht es laut Staatsanwalt Fröhlich um Vorwürfe im "Grenzbereich" zur Kinderpornografie. Dennoch habe sich die Behörde zu einem Verfahren entschlossen. Er sei entsetzt darüber, dass die Ermittlungen publik wurden.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat bestätigt, dass sie im Fall des zurückgetretenen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von kinderpornografischem Material ermittelt.

"Es ist anhand verschiedener Beweismittel nachzuvollziehen, dass Herr Edathy zwischen dem 21. Oktober 2005 und dem 18. Juni 2010 neun Bestellungen bei einem kanadischen Unternehmen getätigt hat", sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, auf einer Pressekonferenz.

Insgesamt habe es sich um 31 Produkte - Videos und Fotosets - gehandelt. Darauf seien Bilder von unbekleideten Jungen im Alter zwischen neun und 13 oder 14 Jahren zu sehen. Zwei der Bestellungen seien Downloads gewesen, die über IP-Adressen des Bundestags getätigt wurden. Die Zahlungsvorgänge ließen sich Kreditkartenbuchungen Edathys zuordnen.

"Schwierige Wertungsfrage"

Ob es sich dabei eindeutig um Kinderpornografie handelt, "ist eine schwierige Wertungsfrage. Auf jeden Fall befinden wir uns hier im Grenzbereich, was die Justiz darunter versteht", ergänzte Fröhlich.

Er verwies darauf, dass das Bundeskriminalamt eine Kategorisierung bei kinderpornografischem Material vorgenommen habe. Eindeutige Fälle gehörten der Kategorie eins an, weniger eindeutige Fälle der Kategorie zwei. "Was Edathy zur Last gelegt werden kann, sind Bestellungen der Kategorie zwei."

Es bestehe aber ein Anfangsverdacht, dass derjenige, der solches Material bestellt, möglicherweise auch im Besitz schlimmeren Materials sei, das die Schwelle zur Strafbarkeit übersteigt.

Bei den Durchsuchungen in Edathys Wohnung und seinen Büros seien zwei Computer sichergestellt worden, auf denen aber vermutlich kein verbotenes Material gefunden werden könne. Die Auswertung dauere noch an, sagte Fröhlich.

Die Affäre um die Durchsuchung von Wohnräumen und Büros Edathys war am Dienstag bekannt geworden. Der bisherige SPD-Innenexperte selbst bestritt in einer im Internet veröffentlichten Erklärung den Vorwurf, er sei im Besitz von Kinderpornografie gewesen. Sein Bundestagsmandat hatte Edathy in der vergangenen Woche mit Verweis auf Gesundheitsprobleme niedergelegt.

Zitat

"Aufgrund der zahlreichen Pressemeldungen ist uns erst am gestrigen Tage bekanntgeworden, dass es hier offenbar eine Vorgeschichte gibt, die weit in den Oktober 2013 hineinreicht. Ich darf nochmals betonen: Wir sind fassungslos."
Der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, zu der Weitergabe von Informationen im Fall Edathy an die Parteispitze der SPD.

Erschüttert über Informationsfluss

Die Staatsanwaltschaft Hannover zeigte sich entsetzt darüber, dass die Ermittlungen gegen Edathy im Vorfeld öffentlich wurden. "Dass trotz der überaus großen Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft Hannover derart viele Informationen in die Öffentlichkeit gelangt sind, die Ermittlungsakten teilweise sogar vollständig wiedergegeben wurden, erschüttert mich zutiefst", sagte Fröhlich.

Es mache seine Behörde "fassungslos, dass offenbar breite Teile der Polizei und der Innenministerien sich mit dem Fall Edathy bereits beschäftigt haben und strafrechtliche Wertungen hierzu abgegeben haben, bevor die Justiz überhaupt in den Besitz der entsprechenden Strafakte kam." Welche strafrechtlichen Konsequenzen dies habe, werde zurzeit geprüft.