Bilanz des G7-Gipfels Geschlossenheit im Bergidyll
Gemeinsam gegen die großen Herausforderungen dieser Zeit - das war die zentrale Botschaft nach dem Treffen der G7-Länder. Angesichts des russischen Angriffskriegs bemüht sich der Westen um Einigkeit.
Die Postkartenidylle ist nun wieder vorbei. Bei stark bewölktem Himmel ist am Mittag Bundeskanzler Olaf Scholz vor die Kameras getreten, um die Ergebnisse des dreitägigen Gipfel-Treffens auf Schloss Elmau zu verkünden. Dass der Krieg in der Ukraine das zentrale Thema war, wurde gleich zu Beginn der Abschlusskundgebung deutlich: "Das Treffen hat noch einmal unsere Entschlossenheit gezeigt, Russland entgegenzutreten", verkündete Scholz. Außerdem habe die Zusammenkunft gezeigt, dass die sieben Staaten "enge Freunde und Verbündete" seien. Mit den vereinbarten drei Botschaften solle nun die große Kraft demokratischer Bündnisse bewiesen werden.
Laut Scholz haben sich die sieben Staats- und Regierungschefs auf drei zentrale Ergebnisse geeinigt: Es geht dabei um den Krieg in der Ukraine, den Hunger in der Welt und die globale Klimakrise.
"Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen"
Scholz betonte den Zusammenhalt der G7-Staaten gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. "Präsident Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen", so der Bundeskanzler. Die G7-Länder haben demnach vereinbart, weiterhin finanzielle und humanitäre Hilfe zu leisten und Waffen in die Ukraine zu liefern. Zudem will sich Deutschland auch finanziell am Wiederaufbau beteiligen. Dies müsse aber strukturiert ablaufen: "Wir brauchen einen Marschall-Plan für die Ukraine", forderte der Bundeskanzler.
Offen blieb dabei jedoch, wie sehr Deutschland und die anderen sechs Länder bereit sind, sich langfristig zu engagieren und wie die Ukraine unterstützt werden kann, wenn kein NATO-Land Truppen in das Land schickt. Um diese Frage wird es nun in Madrid gehen: Die meisten Staats- und Regierungschefs haben sich bereits am Nachmittag auf den Weg nach Spanien gemacht, dort beginnt ab heute der NATO-Gipfel.
Globales Bündnis für Ernährungssicherheit
Bei dem Treffen auf Schloss Elmau sei außerdem ein globales Bündnis für Ernährungssicherheit geschmiedet worden, erklärte Scholz weiter. Ziel sei es, gemeinsam gegen den Hunger in der Welt vorzugehen. 4,5 Milliarden US-Dollar wollen die Länder laut Scholz dafür zur Verfügung stellen, auch Deutschland werde sich daran beteiligen. Eine der Maßnahmen gegen die Hungerkrise sei auch, Getreide das derzeit noch in der Ukraine lagere, verfügbar zu machen.
Gemeinsame Lösungen sollen laut Scholz auch bei den Themen Energiepreise, Preissteigerung und Inflation gesucht werden. Der Weg zum Ausbau der erneuerbaren Energie werde weiter mit "großer Intensität" vorangetrieben, so der Gastgeber des Treffens.
"Klimaclub" mit Schwellen- und Entwicklungsländern
Die G7-Staatschefs haben sich auch darauf geeinigt, langfristige Aufgaben nicht aus dem Blick zu verlieren. Zum Beispiel beim Thema Klimaschutz. Bis Ende diesen Jahres soll ein internationaler, "offener Klimaclub", zu dem auch Schwellen- und Entwicklungsländer gehören sollen, gegründet werden. "Klimaschutz soll ein Wettbewerbsvorteil sein und kein Nachteil", so Scholz. Das Ziel sei, unterschiedliche Wege zu einem gemeinsamen Ziel zusammenzuführen.
Bei all diesen zentralen Themen des Gipfels "wurde auf Augenhöhe miteinander gesprochen mit dem Willen, miteinander in der Welt der Zukunft zu kooperieren", erklärte der Bundeskanzler weiter. Eine Welt, die zusammenarbeite, wäre ein Gewinn. "Das hat sich in den Gesprächen in jeder Phase bestätigt".
Zum Abschluss bedankte sich Scholz noch ausdrücklich bei den Einsatzkräften und bei den Bürgern von Krün und Garmisch-Partenkirchen für die Unterstützung und das Verständnis.
G7-Gegner: Wichtige Themen nur "im Vorbeigehen" besprochen
Die G7-Gegner zeigten sich enttäuscht über die Bilanz des G7-Gipfels. Stephan Exo-Kreischer, Direktor des Bündnisses One Deutschland, kritisierte etwa, dass die G7-Staaten die größten Herausforderungen unserer Zeit quasi "im Vorbeigehen" besprechen. "Dass sich die G7-Staaten vornehmen, diese in 90 Minuten abzufrühstücken, ist ein schlechter Witz. Sollten die G7-Staaten so weitermachen wie bisher, verstehe ich wirklich nicht, warum sie diese Hochsicherheitsgipfel überhaupt veranstalten."
Und Friederike Meister, Deutschlanddirektorin von Global Citizen, teilte mit: "Die G7 schieben eine gerechte Welt auf die lange Bank - und das in einem Moment, in dem die Welt mehr denn je zuvor mutige und fortschrittliche Entscheidungen braucht." Die ärmsten Menschen der Welt hätten keine Zeit, zu warten. "Dass die G7 in einem Moment, indem sich globale Krisen dramatisch verschärfen, eigentlich nur Status Quo statt Fortschritt verkünden, ist eine herbe Enttäuschung", so Meister.
Bayerns Innenminister: "Friedliches und sicheres Gipfeltreffen"
"Wir blicken auf ein friedliches und sicheres Gipfeltreffen zurück", erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei der Abschlussbilanz zum Polizeieinsatz. Die Polizei habe eine hervorragende Arbeit geleistet und die Zusammenarbeit mit den Kommunen sei sehr gut gelaufen. Die starke Polizeipräsenz verteidigte Herrmann auch mit dem Vorfall in München, als wenige Tage vor Beginn des G7-Gipfels mehrere Polizeibusse durch einen mutmaßlichen Brandanschlag komplett zerstört wurden.
Die eher geringe Beteiligung an den Protestaktionen und Demonstrationen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen während des Treffens auf Schloss Elmau könne auch mit dem Krieg in der Ukraine zu tun haben, mutmaßte der Innenminister. Insgesamt seien die Ziele "voll erreicht" worden. "Der Freistaat Bayern hat seinen Ruf als ein weltoffenes, sympathisches und sicheres Land unter Beweis gestellt", so Herrmann.
Zufriedene Anwohner und Ladeninhaber
Auch viele Anwohner und Ladeninhaber betonten die angenehme Stimmung im Ort während des Gipfels: "Man hat sehr positiv sehen können, dass Polizei und Demonstranten ein Miteinander zeigten. Es war ruhig, es war eine angenehme Stimmung", äußerte sich beispielsweise Eva-Maria Haug, Apotheken-Inhaberin aus Garmisch-Partenkirchen. Schade sei eigentlich nur gewesen, dass die Touristen in den letzten Tagen gefehlt hätten. Sie selbst hat ihre Apotheke während des Gipfels offen gelassen und vorab auch keine Ausschreitungen befürchtet. "Ich verlasse mich da auf unsere Polizei", sagte sie. Und Elisabeth Geigl, Verkäuferin im traditionellen Trachten- und Dirndlgeschäft Grasegger meinte: "Uns hod’s gfoin!"
Petra Thron von der Traditionsbäckerei Thron im Ortskern von Garmisch-Partenkirchen zeigte sich ebenfalls zufrieden über den Ablauf rund um das Treffen auf Schloss Elmau. Für friedliche Proteste habe sie immer Verständnis, erklärte sie. "Und so lange die Politiker miteinander reden, finde ich das auch in Ordnung", so die Verkäuferin. Und nach kurzem Überlegen ergänzte sie: "Es ist auf jeden Fall besser, sie treffen sich und reden miteinander als dass sie so agieren wie Herr Putin".
Und wie sieht es mit dem nächsten Treffen in sieben Jahren aus, wenn Deutschland wieder Gastgeber des G7-Gipfels wird? Wenn es nach Petra Thron ginge, dann können die Staatschefs der mächtigsten Industrieländer gerne wieder auf Schloss Elmau in Oberbayern zusammenkommen: "Irgendwo muss es ja stattfinden. Besser in einer angenehmen Atmosphäre, dann sind bestimmt auch die Politiker lockerer, dann ist die Stimmung anders."