Reaktionen auf Maßnahmenpaket "Das sind ziemlich komplexe Vorhaben"
Die Reaktionen auf das angekündigte Maßnahmenpaket der Bundesregierung fallen bei Gewerkschaften und Unternehmen überwiegend positiv aus. CDU-Chef Merz sieht allerdings noch viele offene Fragen.
Die oppositionelle Union im Bundestag sieht noch viele ungeklärte Fragen bei den geplanten zusätzlichen Entlastungen von bis zu 200 Milliarden Euro in der Energiekrise. "Wir haben jetzt ein Preisschild", sagte Fraktionschef Friedrich Merz. Man wisse aber nicht, welches Instrument damit angeschafft werden solle. Es sei nicht nachzuvollziehen, nach welcher Kalkulation diese Zahl ermittelt worden sei. Die 200 Milliarden Euro würden als weitere neue Schulden in Schattenhaushalten aufgetürmt.
Völlig offen bleibe zudem, wie die Gas- und Strompreisbremse gestaltet werden solle, sagte Merz. "Das sind ziemlich komplexe Vorhaben." Zu rechnen sei mit einem Gesetzgebungsmarathon in den nächsten Wochen und Monaten. Er sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Ablehnung festgelegt, es komme auf die Details und die Ausgestaltung an.
Merz warnte auch vor falschen Signalen an die Bevölkerung. Es entstehe der Eindruck, dass mit der Verkündung des milliardenschweren Pakets nun das Problem gelöst sei. "Wir sind am Anfang, ganz am Anfang des Problems", betonte er.
Außerdem kritisierte der CDU-Politiker in der ZDF-Talksendung "maybrit illner" die Geschwindigkeit der Bundesregierung in der Krise. "Wir haben wertvolle Zeit verloren, Deutschland hat Zeit verloren, diese Regierung hat uns Zeit gekostet."
Lob von Bayerns Landeschef Söder
CSU-Chef Markus Söder fand grundsätzlich lobende Worte für den vom Bund geplanten "Abwehrschirm". Er habe immer einen großen Wurf gefordert, "dies scheint der Fall zu sein", sagte der bayerische Ministerpräsident. Abschließend könne er die Ankündigung der Ampelregierung aber noch nicht bewerten. Es seien aber zwei gute und grundsätzlich richtige Signale, dass die Gasumlage wegkomme und es auch einen Deckel für die Gaspreise geben solle.
Faktum sei aber, dass zur Finanzierung 200 Milliarden Euro weitere Schulden aufgenommen werden müssten, sagte Söder. Dies müsse den Bürgern ehrlich gesagt werden. Letztlich sei es nun wichtig, dass es nach der langen Zeit des Drängens eine große Lösung gebe.
"Harte Bremse für Energiepreise ist richtig"
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst begrüßte das Maßnahmenpaket des Bundes. "Bund und Länder sind sich einig, Menschen und Wirtschaft substanziell zu entlasten, damit das Land gut durch den Herbst und den Winter kommt", sagte der CDU-Politiker. Dazu habe der Bund nun mit dem "Abwehrschirm" seine Bereitschaft klar erklärt. "Eine harte Bremse für Energiepreise ist richtig."
Zugleich monierte Wüst aber, die Ankündigungen der Ampelkoalition lösten viele neue Fragen aus. Wüst zufolge muss die Bundesregierung bei dem anstehenden Bund-Länder-Gespräch darlegen, "wie die Größenordnung der Energiekosten für Haushalt und Unternehmen nach der Energiepreisbremse zu beziffern ist". Auf dieser Grundlage könne man dann über gezielte Entlastungen beraten. "Die Menschen müssen schnell wissen, was diese Ankündigung für sie konkret bedeutet."
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nannte den "Abwehrschirm" der Bundesregierung einen "großen Wurf". Der Bund engagiere sich mit 200 Milliarden Euro und sei damit handlungsfähig in seinem Kampf gegen die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Energiekrise: "Das ist die Basis für die weiteren Entscheidungen, die nun finanziell abgesichert sind."
Städtetag mit Gaspreisbremse zufrieden
Auch der Deutsche Städtetag reagierte zufrieden auf die Pläne der Bundesregierung für eine Gaspreisbremse. Diese sei "ein entscheidendes Instrument, um die Preise zu dämpfen", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Die Preisbremsen für Gas und - wie schon vorher geplant - für Strom würden "zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft" beitragen. "Sinkende Energiepreise wären auch gute Nachrichten für den laufenden Betrieb von Krankenhäusern, Wohnungsunternehmen und den öffentlichen Nahverkehr", sagte Dedy. "Jetzt kommt es auf eine unbürokratische und gute Umsetzung der Gas- und Strompreisbremse an."
Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, forderte eine rasche Umsetzung der Maßnahmen. "Jetzt wird es darauf ankommen, ein Modell zu entwickeln, das schnell umgesetzt werden kann und sowohl entlastet als auch einen Anreiz zum Energiesparen setzt", sagte Fahimi der Nachrichtenagentur dpa. Sie kündigte an, dass die von der Regierung berufene Expertenkommission für den Wärme- und Gasmarkt unter Beteiligung der Gewerkschaften mögliche Modelle genau und mit Tempo prüfen werde.
Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, sagte, mit der Gaspreisbremse werde der Weg frei gemacht für die "Begrenzung der Energiekostenbelastung, insbesondere für Menschen mit mittleren und eher niedrigen Einkommen". Dass der Sonderfonds über Kredite finanziert werde, sei "zunächst richtig", sagte Werneke, der selbst Mitglied der Gaskommission ist. Es sei nun aber umso notwendiger, auch "die Extragewinne jener Unternehmen abzuschöpfen, die von der Krise in besonderer Weise profitieren".
Handelsverband: Preisbremse "gut und richtig"
Auch Wirtschaftsverbände zeigten sich mit der Ankündigung des Bundes zufrieden. "Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung mit einer Preisbremse die explodierenden Energiekosten bremsen will", sagte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE. Entscheidend sei nun, "die extremen Preissteigerungen im Bereich Energie für Unternehmen und Privatverbraucher wirkungsvoll und spürbar abzufedern".
"Die von der Bundesregierung angekündigten 200 Milliarden Euro sind ein wichtiges Signal, um mit den enormen wirtschaftlichen Belastungen umzugehen", sagte Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) der "Bild"-Zeitung. Die hohen Gas- und Strompreise seien "für viele Unternehmen ein existenzielles Problem". Er forderte die Bundesregierung jedoch auch auf, "parallel die Anstrengungen zur Steigerung des Energieangebots intensiv" fortzusetzen.
Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, begrüßte die Entscheidung der Bundesregierung als "wichtigen Befreiungsschlag". Es werde "geklotzt und nicht gekleckert", lobte er in einer Mitteilung. Nun brauche es "Tempo bei den Details, denn immer mehr Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand".
Verbraucherschützer begrüßten vor allem das Aus für die Gasumlage. "Es ist gut, dass die Bundesregierung die Gasumlage zurückgezogen hat", sagte die Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundeverbandes (vzbv), Ramona Pop. "Angesichts horrender Energiepreise" müsse die Gaspreisbremse nun rasch umgesetzt werden.